Ganz piano in Finnland

Zum Frühstück gibt es Müsli mit selbstgepflückten Heidelbeeren, dann nehmen wir Abchied von Pferdebremse und Co. und fahren zurück in die Zivilisation nach Helsinki. Im Vergleich mit St.Petersburg kann jede Stadt fast nur verlieren und so sind wir gespannt was uns die finnische Haupstadt anbieten kann. Helsinki punktet nicht mit Trubel und Protz. Das Innere vieler Kirchen ist verglichen mit den orthodoxen Bauwerken in Russland geradezu sensationell (protestantisch) schlicht. Doch die Stadt gibt ein stimmiges, homogenes Bild und hat erstaunlich wenig Verkehr. Ideal um das schöne Zentrum zu Fuß abzumarschieren.

Nach Putin und Trump verliert Helsinki in kurzer Zeit einen weiteren prominenten Gast. Sprembergs großer Sohn Alex, alias der Luchs, macht sich von Finnland via Paris auf in Richtung Heimat. Zum Abschiedsessen gehen wir noch einmal nobel zum "Finnen". Während bei ihm Meeresfrüchte auf dem Programm stehen, genieße ich Rentiergeschnetzeltes. Passend zum Essen müssen wir natürlich auch eine Tasse trinken. Bei den Alkoholpreisen in Skandinavien eine peterhofmäßige Veranstaltung, 7,-€ kostet die Halbe. Peterhof III können wir abbiegen, das wiefe Personal möchte uns auch noch Hartalkoholika andrehen. Bevor unser Geldbeutel in die Knie geht, lehnen wir aber dankend ab.

Mit dem Abschied von Luchs kommt die große Ruhe. Nach einem strengen Reiseprogramm in den ersten 3,5Wochen kann es nicht schaden, Mensch und Material etwas zu schonen. Ich nehme einen Gang raus, erledige ein paar Pflichtaufgaben und verlängere meine Welterbeliste mit der sehenswerten Festungsinsel Suomenlinna. Dann nehme ich temporär Abschied von Helsinki. Viel weiter als Lahti fahre ich aber nicht nördlich. Zum einen gleicht sich die Landschaft auch noch weite Strecken über Lahti hinaus, zum anderen warten im Baltikum und Polen noch genug zu fahrende Kilometer.

Auch um Lahti finden sich einige schöne Nacht- und vor allem Badeplätze. Zu meiner Überraschung ist das Moskitoproblem aber nicht annähernd so übel, wie ich es von meinem letzten Finnlandbesuch vor 30 Jahren (=1988) in Erinnerung hatte. Passend dazu könnte ich den sehr geistreichen finnischen Lieblingsspruch meines älteren Bruders zitieren, "Kiitos Moskitos", was sinnigerweise so viel wie "Danke (Ihr) Stechmücken" bedeutet. Vielleicht liegt es am trockenen, heißen Sommer, der den Insekten ihre Brutstätten verdampfen lässt?! Ganz so trocken wie im feuergeplagten Schweden ist die Situation aber nicht. Ich bin bei den riesigen Waldflächen im Land nicht ganz unglücklich, dass in den letzten Tagen immer mal wieder Regen fällt. Witzigerweise wäre ich aber halbwegs vorbereitet, denn auf einem Zeltplatz wird sogar ein Löschkurs angeboten, an dem ich selbstverständlich (erfolgreich) teilnehme.

Bei Lahti denkt jeder sportbegeisterte Normalbürger sofort an Nordischen Skisport und so ist es selbstredend, dass ich das örtliche Skizentrum samt zugehörigem Museum und Schanzen in Augenschein nehme. Im Museum springe ich computersimuliert Tagesbestweite, was sich leicht erklären lässt, da ich heute der erste Gast im Hause bin. Beim Biathlon kann ich gewinnbringend meine Erfahrung von den Maulbronner Schützenmeisterschaft einbringen (siehe - Schützenmeisterschaft) und beeindrucke (gefühlt) die Museumsdame gewaltig. Draußen an den Schanze bewundere ich einige Sportler im Sommertraining. Die Jungs stehen im krassen Kontrast zu den Bade- und Saunafreunden, die sich ebenfalls auf dem Gelände befinden. Bei den Temperaturen im Skianzug Sprungski zu schleppen ist eigentlich auch nur eine andere Art Sauna zu betreiben. Ohne Skianzug geht es aber natürlich nicht. Ich schaue kaum eine Minute dem Treiben zu, da haut es auch schon einen Springer wüst in den Mattenhang. Ohne zu zögern und ohne jedwede Schürfwunde steht er kurze Zeit später schon wieder am Lift Richtung Sprungturm.

Lahti good bye, der Rest der Familie ist im Anmarsch. Schnell zurück nach Helsinki und mit der Fähre nach Tallinn/Estland übersetzen, damit ich rechtzeitig am Flughafen bin.

Datum: 23.07.2018 (Tag 29) - Tachometerstand: 320946 km - gefahrene Kilometer: 4969 km / davon Russland 2095 km - Ort: Helsinki (Finnland)

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