Spiessrutenfahren im Iran

Wir wollen in Ashgabat nicht auf unsere Fahrzeuge verzichten also müssen wir sie erstmal hauptstadtfein machen. Verkehrsteilnehmer mit staubigen Fahrzeugen müssen schon mal mit einem Strafzettel rechnen. Interessante Regelung in einer Stadt, die eigentlich mehr oder wenig in der Wüste liegt. Aber Ashgabat sieht auch wirklich geleckt aus, überall sind die Strassenfeger im Einsatz und die unzähligen weissen Marmorgebäude verleihen der Stadt einen gewissen Glanz. Noch glänzender sind die zahlreichen Turkmenbashi-Statuen. Der neurotische vormalige Staatsführer N?yazow hatte ein Faible für Gold. Nicht immer sind diese Statuen aber einfach zu fotografieren. Turkmenistan wird im Reiseführer als das Nordkorea Zentralasiens bezeichnet. Seit dem Tod Nyazows hat sich wohl manches geändert/verbessert, aber auch wir werden von Polizei und Militär immer wieder mißtrauisch beäugt und uns das Ablichten bestimmter Gebäude verboten. In einem der wenigen Internetcafes wird uns der Pass abgenommen und unsere Namen in eine Liste eingetragen. Auch die Hotels und wichtige Restaurants der Stadt sollen laut Reiseführer verwanzt sein. Ob das wirklich stimmt wissen wir nicht, zur Sicherheit verwenden wir für delikate politische Begriffe Codewörter wie FC Bayern oder Kirschkuchen. Bei der Auswertung von potentiellen Hotelkameras wären die Beamten sicherlich auch nur belustigt beim Anblick der geizigen Touristen, die aus Geldknappheit auf dem Hotelbalkon kochen.

Krasser Gegensatz zur Hochglanzcity (mit dem höchsten Fahnenmast der Welt, einem künstlichen 11km langen Fluss...) ist der vor der Stadt gelegene Tolkucha-Bazar. Hier geht es noch ganz authentisch zu. Der staubige Riesenbazar bekommt von uns keinen Schönheitspreis, aber es macht einfach Spass dem Treiben zuzuschauen. Sterile Einkaufspassagen Fehlanzeige, hier packt man die lebenden Schafe in den Kofferraum des neuen 5er-BMW. Der Bazar ist das letzte Highlight für uns in Turkmenistan. Noch am gleichen Tag fahren wir mit Maksath in die Berge hinter Ashgabat zur iranischen Grenze. Wir verabschieden uns von unserem zuverlässigen Führer und ich freue mich insgeheim auf den Iran, den ich von der 2007-Reise ganz angenehm in Erinnerung habe. Doch der Auftakt ist höchst unangenehm. Der iranische Diesel ist bezuschusst und kostet umgerechnet kaum mehr als einen Cent!!! Diesen Zuschuss will man sich von Transittouristen zurückholen. Wir haben mit einem Zuschlag gerechnet, aber die geforderten 238,-Euro für ein Fahrzeug sind eindeutig zuviel. Doch die stundenlangen Verhandlungen sind zwecklos. Einige Zollbeamte scheinen selbst beschämt über den Betrag, doch der Zollchef ist knallhart und extrem unfreundlich. Mehr als "Go Turkmenistan!!" fällt ihm nicht ein. Eine Erklärung, bzw. die Berechnung für die horrende Einreisegebühr wird uns nicht dargelegt, niemand an der riesigen Grenzposten spricht ein brauchbares Englisch und unser Persisch ist traurigerweise noch unbrauchbarer..

Zähneknirschend zahlen wir 478,-Euro für zwei Fahrzeuge (der Bankbeamte zieht für sich auch gleich mal 2,-Euro ab) und wollen nach über 4h Grenzaufenthalt nur noch weiterfahren. Die nächste böse Überraschung wartet aber nicht viel später in Quchan. Wir wollen tanken (haben ja schön Gebühr dafür gelassen), aber wir haben keine Tankkarte. Neuerdings spucken auch die Dieselzapfsäulen nur Sprit aus, wenn man zuvor eine Tankkarte einschiebt (2007 galt das nur für Benzinsäulen). Wir haben zwar seit der Grenze haufenweise Papiere, aber auf die Ausgabe einer Tankkarte hat der griesgraemige Obergrenzer verzichtet, na prima!!! Der günstige Sprit ist so nahe (und steht in Pfützen an der Tankstelle) und wir bekommen keinen Tropfen. Nachdem sich bei der ersten Tanke keine Hilfe einstellt rollen wir weiter und haben kurz vor Einbruch der Nacht bei der nächsten Station Glück. Ein LKW-Fahrer bietet uns an auf seine Karte zu tanken. Nachdem uns zwei Einheimische dann auch noch genehmigen auf ihrem Acker zu übernachten ist zumindest der erste Abend im Iran gerettet.

Am nächsten Tag haben wir es nicht so weit, unser Ziel ist der Golestan Nationalpark. In einem wunderschönen Bachtal im dichten Wald finden wir ein nettes Ruheplätzchen. Die verschiedenen Wasserfälle sind traumhaft schön, doch leider ähneln viele Picknickplätze mittleren Müllkippen. Danach geht es im Eiltempo weiter durch den Iran (wir haben nur ein 7-tägiges Transitvisum für eine etwa 1900km lange Strecke). Die Strassen sind eigentlich durchgehend in einem sehr guten Zustand, doch das Fahren bei dem hektischen Verkehr in den dichtbevölkerten Regionen nahe des Kaspischen Meeres nicht immer einfach. Nach einer Nacht am Kaspischen Meer ist der folgende Tag im Albozgebirge dann auch eine wahre Wohltat. Das kleine Bergsträsschen ohne Verkehr und die wunderbare Natur im Nur-Tal sind Balsam für unsere müden Autofahrerseelen.

Gut, dass wir einen Ruhetag in den Bergen hatten, denn der Folgetag fordert volle Konzentration. Wir fahren ohne Autoversicherung im Iran und wir hätten uns kaum ein "besseres" Land für den fehlenden Versicherungsschutz aussuchen können. Der Verkehr ist einfach schrecklich. 2007 war es schon kein Spass und in den letzten zwei Jahren scheint sich die Zahl der Fahrzeuge noch einmal verdoppelt und der IQ der Verkehrsteilnehmer halbiert zu haben. Die Weiterfahrt ist die pure Qual. Erster Höhepunkt ist ein nur einseitig befahrbarer Tunnel vor Karaj (eine Millionenstadt nahe Teheran). Etwa eine Viertelstunde müssen wir warten bis der Gegenverkehr durchgerollt ist, dann sind wir an der Reihe. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Eben standen noch alle Fahrzeuge brav in einer Reihe, jetzt drücken sie dreispurig in den kleinen Tunnel. Autos, die gerade noch hunderte Meter hinter mir waren drängen mich vor der Einfahrt in den Tunnel ab. Bei guter Laune kann man das witzig finden, nachdem wir aber einige üble Unfälle gesehen haben (in Ashagbat waren wir direkte Zeugen eines Unfalls und Juwi und Maksath mussten eine Person aus dem verbeulten Auto ziehen) sind wir doch etwas ernüchtert. Fast schon grotesk wird es dann auf der Autobahn zwischen Teheran und Quazvin. Von weitem sieht man schon den frischen Stau und an verschiedenen Stellen die verbeulten Fahrzeuge und trotzdem knallt direkt neben Juwi ein weiteres Fahrzeug nahezu ungebremst in den Vordermann. Schnell weg aus dem Großraum Teheran.

Vor der Nachtruhe in der Halbwüste nahe Zanjan wollen wir dann noch kurz tanken, aber natürlich geht jetzt wieder das Galama mit der Tankkarte los. Eigentlich scheint schon alles geklärt, da der Tankwart seine Karte anbietet. Ich beginne mit Tanken und werde dann auf einmal übel von zwei LKW-Fahrern angegangen, die mir am Ende mit Gewalt den Zapfhahn aus der Hand reissen. Also weitertanken mit dem zweiten Zapfhahn (kommt ja auch Diesel raus) und am Ende wieder vom Tankwart abziehen lassen, der unsere "Notlage" ausnützt. Trotz vieler netten Begegnungen mit Einheimischen erscheint mir der Iran 2009 wesentlich rauer und unangenehmer zu bereisen als 2007. Ob ein Zusammenhang mit den politischen Unruhen vom Juni bestehen könnte ist uns nicht klar?!

Datum: 14.09.(Tag 78) - Tachometerstand: 239 584km - gefahrene Kilometer: 13 684km / davon Europa 4830km / Asien 8854km - Ort: Zanjan(Iran)