Im Slowakischen Paradies

Früh am Morgen fahren wir von Kosice in Richtung Zipser Burg, seines Zeichens UNESCO-Weltkulturerbe. Unangenehm überrascht sind wir als wir in kurzer Folge zwei völlig heruntergekommene Siedlungen sehen, wie man sie in dieser Art in Europa nicht erwarten würde. Solch trostlose Behausungen kennt man eigentlich nur aus Ländern der Dritten Welt. Ein örtlicher Lehrer klärt uns später auf, daß es sich um Roma-Siedlungen handelt. Er beklagt, daß der slowakische Staat wenig tut um die Minderheit besser in die Gesellschaft zu integrieren, bemängelt aber auch die fehlende Bereitschaft vieler Sinti und Roma für ein gemeinsames Miteinander. In jedem Fall ist die aktuelle Situation einer modernen EU nicht würdig.

Prächtig thront dann auf einmal die mächtige Burg vor uns. Dem steinigen Aufstieg muß ich dann meine treuen Badeschlappen opfern, nach vielen Reise-Wanderkilometern scheinen die Tage der Schlappen gezählt; mir graut schon etwas vor dem Abstieg. Doch zuerst bewundern wir die großartige Burg, die zusammen mit der nahegelegenen Kathedrale als Weltkulturerbe eingestuft ist. Genauso mächtig wie das Bauwerk sind die aufkommenden Gewitterwolken. Nach tagelanger Hitze hat es sich angekündigt, irgendwann muß der Wetterumschwung kommen. Tatsächlich knallen kurz darauf mit einer Vehemenz die Blitze herunter, daß einem ganz anders wird. MehrereTage werden uns die gewaltigen Gewitter begleiten bevor sich die schwülheiße Luft endgültig abgekühlt hat. Parallel zu Blitz und Donner setzen starke Windböen ein, die gleich einmal dafür sorgen, daß unser Rückweg abgeschnitten ist. Ein starker Ast fällt auf die Straße und versperrt ihn komplett; zum Glück wollten wir sowieso in die andere Richtung weiterfahren.

Bei den jetzt teilweise sehr widrigen Wetterverhältnissen macht das Bergwandern in der Hohen Tatra nicht viel Spaß. Wir beziehen also einen Zeltplatz im Nationalpark Slovensky Raj (Slowakisches Paradies) und bewundern die Berge aus der Entfernung. Im nahen Poprad kommt dann unsere Wasserratte Ellie wieder zum Zug, die in der tollen Badelanschaft in ihrem Element ist. Während ich im ungewohnten 60m-Becken meine Bahnen ziehe, ist sie bei den Rutschen nicht mehr zu halten. Zusammen mit Mami stürzt sie sich sogar Rutschen hinunter, die erst für die Kinder ab sechs Jahre freigegeben sind. Noch einmal knallt der Regen am Abend richtig herunter (ein Hoch auf unser supersolikdes Dachzelt), dann beruhigt sich das Wetter etwas. Wir nutzen dies aus um Touren in die Dobsinska Eishöhle (UNESCO Weltnaturerbe) zu machen und endlich auch mal im Slowakischen Paradies zu wandern. Die Sucha-Bella-Schlucht wird wie eine der vielen Canyons von einem großartigen Wanderweg durchzogen. Spektakulär klettert man durch (das nach den Regenfällen wasserführende) Bachbett nach oben. Immer wieder geht es dabei ohne Sicherung steil mit Eisenleitern nach oben. Genial, eine kurzweiligere Wanderung bin ich selten gegangen.

Knapp vier Wochen nachdem wir Polen verlassen haben, geht es dann entlang der Hohen Tatra wieder zurück zum (ehemaligen) EURO 2012 Gastgeber. Isabel möchte auch das schöne Krakau besuchen. Wir machen einen kleinen Abstecher nach Zakopane, dem berühmten polnischen Wintersportort. Die Stadt ist sehr schön gelegen am Fuße der polnischen Tatra, doch der Rummel hier ist etwas zu viel für uns. Die polnischen Sommerferien sind in vollem Gange und die schönen Plätze quellen über vor Menschen. Wir machen eine kurze Tour mit der Zahnradbahn, verzichten aber auf einen Besuch der Skiflugschanze. Am Abend geht es gleich weiter nach Krakau. Auf halbem Wege zum Ziel verfinstert sich dann der Himmel, wie wir es noch selten erlebt haben. Die nachfolgenden Regenschauer sind so brachial, daß unsere Scheibenwischer an ihre Grenzen stossen. Fast im Blindflug eiern wir über die Schnellstraße und sehen gerade noch im letzten Moment, die Autos mit Warnblinker auf der linken Spur stehen. Die ersten Unfälle haben sich ereignet (zum Glück nur Blechschäden). Im Geiste sehen wir schon unseren Zeltplatz in Krakau knietief im Wasser stehen. Waren wir vor Tagen für die Abkühlung durch den Regen dankbar, werden uns die massiven Schauer jetzt langsam zu viel. Doch oh Wunder, vor Krakau lässt der Starkregen nach und der Platz sieht ganz manierlich aus.

Datum: 11.07.(Tag 38) - Tachometerstand: 274 457km - gefahrene Kilometer: 4720km - Ort: Krakau (Polen)

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