Hitzschlag in Kanada

In Seattle müssen wir Hugo leider schon auf den Flughafen bringen. Dummerweise vergisst er seine Knieschmerzen mitzunehmen, drei Tage plage ich mit Problemen im rechten Knie, während Juwi von seinem Rücken gequält wird. Doch bevor wir wieder auf das Fahrrad steigen, gilt es erstmal den Finaleinzug zu feiern. Zusammen mit anderen Reisenden schauen wir das EM-Halbfinale gegen die Türkei. Mit dabei auch Os und Memo aus Istanbul, die die Niederlage gelassen nehmen. Sie ahnen auch nicht, daß eigentlich Juwi, Hugo und ich für den Sieg verantwortlich zeichnen. Durch Trinken von 3Liter Kinderbier (=3 deutsche Tore) haben wir den Weg ins Finale vorbereitet (so bilden wir es uns zumindest ein...).

Dann hält uns nichts mehr in Seattle, der Sommer in Alaska wartet schliesslich nicht ewig und es trennen uns noch einige Kilometer von Amerikas nördlichsten Bundesstaat. Wir lassen es richtig rollen und überqueren kurz darauf bei Sumas die Grenze. Kaum Wind und wenig Steigungen, auch die Sonne spielt (etwas zu gut) mit, der Stoff aus dem Rekordetappen gemacht sind. Haben wir an der Pazifikküste noch befürchtet, daß die schönen Sommertemperaturen aus dem Süden endgültig vorbei sind, so trifft uns jetzt die Hitze wie ein Hammerschlag. Allzeithitzerekorde in Kanadas Südwesten sorgen für 38 bis 40°C, auf der Strasse kommen noch ein paar Grad dazu; der Asphalt ist knapp vor dem Zerlaufen. Juwi muß sich sogar noch um einen Betrunkenen kümmern, der halb bewusstlos in seiner Einfahrt liegt. Bei diesen unmenschlichen Bedingungen radeln wir 163km im 20iger-Schnitt. Warum macht man so einen Wahnsinn?? Das EM-Finale wartet und im kanadischen Hinterland ist es schwierig ein Motel mit Kabelfernsehen zu finden, also munter weiterstrampeln bis zu dem kleinen Ort Lytton.

Am nächsten Morgen sind wir etwas ernüchtert (vielleicht hätten wir doch wieder die Kinderbiertrinknummer versuchen sollen) und rollen nur bis zum nächsten Provincialpark-Zeltplatz. Hier bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf die beeindruckende kanadische Tierwelt. Am Fluß trete ich fast auf eine Schlange, nur 10cm trennen meinen Fuß von dem Reptil. Erschreckt springe ich zurück. Reagiere ich hier noch etwas uncool, so bin ich am nächsten Morgen die Ruhe selbst. Um der grossen Hitze zu entkommen stehen wir bereits um 4:30Uhr auf, als Juwi beim Frühstück einen Schwarzbären entdeckt. Abgeklärte Bärenkenner, die wir ja bekanntlich sind, beobachten wir ihn ganz cool bei der Futtersuche. Vielleicht erklärt sich unsere lässige Haltung auch durch den breiten Thompson-River der uns von Meister Petz trennt.

Ein weiterer Höhepunkt wartet dann noch am selben Tag auf mich. Zum ersten mal seit Beginn der Radtour zeige ich Juwi bei zwei kleinen Pässen das Hinterrad; welch erhebendes Gefühl!! ;-)) Mit breiter Brust radle ich nach Kamloops. Unseren Regenerationstag legen wir in Chase am Shuswap Lake ein. Nach 650km seit Seattle kann uns ein Ruhetag nicht schaden.

Datum: 01.07.(Tag 84 – Kanadischer Nationalfeiertag) - Tachometerstand Juwi: 5200km / Tachometerstand Rolf: 3074km - davon USA (Juwi) 4598 km / davon USA (Rolf) 2614km - davon Kanada (Juwi) 611 km / davon Kanada (Rolf) 460km - Ort: Chase/British Columbia (Kanada)