Der lange Weg zurück

Wüste muss nicht zwangsläufig öde und langweilig sein. Entlang der Strecke Doha - Al Hofuf ist sie es aber leider die meiste Zeit. Um so schöner, wenn dann mit der Al Ahsa Oase, die größte Oase der Welt auftaucht. Wir besuchen den Jbel Quarah, einen kleinen Berg inmitten der Palmenwälder bevor wir nach Al Hofuf weiterfahren. Al Hofuf ist wie einige der saudischen Städte, die wir zuvor gesehen haben nur bedingt sehenswert und für Fußgänger wenig einladend. Für die Zeit der WM gibt es aber einen schönen verkehrsberuhigten Bereich, der uns stolz vom libanesischen Eventmanager vorgestellt wird. Das Bemühen der Saudis ist groß ihre Städte, auch für Touristen, attraktiver zu machen. Neben der sehr gelungenen Promenade wird auch das lokale Fort dauerilluminiert. Ob das allerdings reicht, dauerhaft und in großer Zahl Touristen nach Saudi Arabien zu locken (wie mit der großen Visit-Saudi Kampagne beabsichtigt) muss bezweifelt werden.

Mehr als die Städte selbst können immer wieder ihre Bewohner bei uns punkten. Der Rote Blitz ist mit Farbe und Aussehen (auf den saudischen Straßen ist kein einziger VW unterwegs) ein echter Hingucker. Da wird nicht nur freundlich gehupt, nein da muss schon wie auf der Hinfahrt nach Katar immer wieder auch bei voller Fahrt ein Schwätzchen mit den seltenen deutschen Gästen gehalten werden. Hinter Hofuf müssen wir auf der Autobahn mühselig und quälend lange dem parallel fahrenden Lieferwagenfahrer erklären, dass wir aus Almanya kommen. Bei lautem Fahrtwind und Sprachbarriere kann sich so ein ungewöhnlicher Smalltalk schon mal über eine Minute und ein/zwei Fahrkilometer hinziehen. Die bolzengeraden Wüstenautobahnen sind zum Glück wunderbar gemacht für jede Art von Highway Talk. Bei der Industriestadt Dammah verlassen wir dann aber doch mal wieder die lange Autobahngerade, wir müssen hart rechts abbiegen. Bevor wir endgültig Richtung Norden/Europa ziehen schauen wir noch im kleinen Bahrain vorbei.

Das Königreich Bahrain ist der Zwergstaat der Arabischen Halbinsel und hat nicht einmal die Größe des Stadtgebiets von Hamburg. Auch sonst kann das Land kaum mit seinen protzenden Nachbarn mithalten. Dennoch ist der Reiseverkehr über den langen Damm zu dem kleinen Inselstaat sehr rege, kann es doch mit einem gewissen Nachtleben renommieren. Das kleine Ausgehviertel der Hauptstadt Manama hat dann zwar einen ziemlich eigenwilligen Charme, bietet uns aber die gute Gelegenheit die anstehenden Halbfinals mit Bier und jeder Menge feierwütigen Fans zu begehen. Auch wenn der große Nachbar Saudi Arabien viele Regeln immer weiter lockert, eine bierselige Atmosphäre wie hier in Manama ist dort aktuell noch nicht denkbar.

Nachdem wir auch noch die Formel 1 Strecke von Bahrain gecheckt haben, geht es wieder zurück auf das Festland. Vorher bittet uns das Hotelteam aber noch zu einem großen Fototermin. Deutsche Hotelgäste, die mit dem eigenen Fahrzeu anreisen, sind in Bahrain noch die absolute Ausnahme. Auch ein lokales Filmteam an der Grenze ist ganz angetan von uns und würde am liebsten gleich ein Video mit uns drehen. Selbst die Grenzer wollen uns gar nicht mehr fahren lassen. Das kostet uns dann in der Tat aber einiges an Nerven. Nachdem bisher alle Grenzübergänge einigermaßen locker zu queren waren, werden wir hier zum Spielball der Staatsbeamten. Der gestrenge saudische Beamte schickt uns wegen fehlender Papiere zurück nach Bahrain. Erst müssen wir mühselig unsere Ausreise annullieren, dann beschäftigt das fehlende Custom Paper den halben bahrainischen Zoll für die nächste Stunde (durch einen Schreibfehler waren anscheinend unsere Fahrzeugdaten nicht mehr im System zu finden)

Waren die drei Stunden Warterei an der Grenze schon zäh, so werden die drei folgenden Fahrtage richtig zäh. In Mangel an attraktiven Zwischenstationen beschließen wir direkt nach Jordanien durchzureiten. Wir passieren die riesigen Industriestädte Dammah und Al Dschubail, nähern uns bis auf wenige Kilometer an Kuwait an, um dann hunderte Kilometer entlang der irakischen Grenze weiterzufahren. Die ganze Fahrt verläuft dabei durch monoton bis sehr monotone Wüste. Erst kurz der jordanischen Grenze und in Jordanien selbst wird die Landschaft dann wieder spannender und abwechslungsreicher.

Die etwas eigenartigen Liebeserklärungen der jordanischen Pass-Kontrolleure verwirren etwas, dann sind wir zurück in Jordanien. Wir sammeln noch schnell einen Stopper ein der im absoluten Wüstennichts an der Straße steht. Wo kommt er her, wo will er hin? Wir werden beides nicht herausfinden, denn die Sprachbarriere ist absolut unüberwindlich. Aber er ist sehr glücklich und freut sich vor allem über unser Harribo Megaroulette. 30km später sind wir wieder alleine und fahren an diversen Militärstützpunkten und trostlosen Flüchtlingscamps vorbei. Beeindruckendes bzw. fast schon beängstigendes Detail an dieser Stelle. Laut Wikipedia hat Jordanien von 1950 bis heute, durch eine hohe Geburtenrate, aber vor allem die große Zahl an Flüchtlingen (vor allem aus Syrien und Palästina) seine Einwohnerzahl von weniger als 500.000 auf mehr als 10Mio. verzwanzigfacht.

Auch Jerasch macht einen etwas ungeordneten Eindruck. Die Infrastruktur scheint an vielen Stellen diesem großen Bevölkerungsdruck nicht nachzukommen. Die römischen Ausgrabungsstätten entschädigen aber für vieles und wir sind froh nach vielen Fahrkilometern endlich wieder herunterschalten zu können.

Datum: 18.12.2022 (Tag 62) - Tachometerstand: 176.167 km - gefahrene Kilometer: 12.122 km (davon Asien: 9.160 km) - Ort: Jerasch (Jordanien)