Wiedersehen in der Ferne

Die Tage in Paraty sinbd extrem feucht. Doch die unangenehme Witterung und unser durchnässtes Wohnmobil bleiben nicht unsere einzige Probleme. Isabel klagt schon seit Tagen über ihre juckende Kopfhaut, auch Ellie wirkt nicht ganz glücklich. Tatsächlich scheinen die Beiden von kleinen Krabbeltieren befallen, nur mich rettet wohl meine dünne Haarpracht. Direkt neben dem Zeltplatz liegt das örtliche Krankenhaus, dass wir in der Not aufsuchen. Der Service ist ganz brauchbar, wir kommen schnell dran und der Arzt kann sogar leidlich englisch. Die Diagnose ist aber leider wenig erbaulich, Beide haben Kopfläuse, die sie eventuell schon von Deutschland mitgebracht haben. Was für eine Käse. Auch wenn uns das im Moment wenig interessiert, so ist doch interessant zu erwähnen, dass diese Art von medizinische Grundversorgung für alle Personen, auch für uns Touristen gratis ist. Sogar die Tabletten, die wir später bei einer speziellen Apotheke abholen, bekommen wir umsonst.

Nach diesen etwas schwierigen Umständen wartet dann aber endlich mal wieder ein Highlight der extrapositiven Art auf uns, Stefan Trück alias Rubber besucht uns auf dem Campingplatz. Wirklich genial, wenn man fernab der Heimat bekannte Gesichter trifft. Er und Kumpel Hendrik weilen wegen der WM im Lande und haben schon das Viertelfinale gegen Frankreich und das legendäre Halbfinale gegen Brasilien live miterlebt. Jetzt sind sie auf dem Weg nach Rio zum Finale. Meine eigenen Rio-Pläne habe ich nach den etwas ungnädigen letzten Tagen verworfen. Es gilt erstmal die Mädels wieder fit zu bekommen und das Auto auszutrocknen. Tatsächlich folgt dann auch in Paraty auf Regen Sonnenschein und nach fünf niederschlagsreichen Tagen scheint am Finaltag endlich wieder lang und warm die Sonne. Zusammen mit einigen anderen deutschen Reisenden feiern wir den 1:0-Sieg gegen Argentinien in einer größeren Bar, dabei werden lokale Animositäten zurückgestellt und wir liegen uns selbst mit bekennenden KSC-Fans in den Armen. Tage später begießen wir den Erfolg dann ausgiebig mit unseren Rio-Rückkehrern Rubber und Hendrik.

Die schönen gemeinsamen Tage in Paraty und Trindade mit Strandbesuch, Bootstour und abendlichen Caipirinhalastigen Barbesuchen sind leider viel zu schnell zu Ende. Als erster muss Hendrik abreisen, dann folgt der traurige Abschied von Rubber. Während die Jungs zurück nach Deutschland fliegen, soll es für uns nach Sao Paulo gehen. Die Fahrt von Paraty nach Ubatuba ist schnell erzählt, gute Straße, schöne Landschaft, wenig Bremshügel. Brutal wird der Aufstieg von Ubatuba zum über 1000m hohen Küstengebirge. In weniger als 10km steigen wir auf einer extrem engen und kurvigen Straße komplett auf die Hochebene. So eine Straße habe ich noch nicht erlebt. Steigungen von geschätzt bis 25%, zwingen den blauen Schlumpf fast in die Knie. Wiederholt muss ich in den 1.Gang schalten und bin mir nicht immer sicher, ob wir auch wirklich heil oben ankommen. Lieber 100x hoch nach Alpe d`Huez fahren als einmal Ubatuba-Taubate. Bei Taubate geht es auf die Schnellstraße und damit rein in den hektischen Verkehr, der in Sao Paulo seinen Höhepunkt erreicht. Wir müssen mitten in das Herz dieser etwa 20Mio Einwohner großen Metropolregion (Sao Paulo ist die bevölkerungsreichste Stadt auf der Südhalbkugel) und das Autofahren dort ist nichts für schwache Nerven. Bei Innenstadtstraßen mit bis zu neun Spuren fällt die Orientierung selbst mit Navi schwer. Besonders die zahlreichen Mopeds machen einem das Leben schwer. Zwischen den Fahrzeugen schieben sie bei jeder Geschwindigkeit und noch so wenig Platz rechts und links durch. Die Unfallrate ist nach Aussagen Einheimischer leider auch dementsprechend hoch.

Für den Stress im Straßenverkehr werden wir dann aber gebührend belohnt. Wir landen am späten Mittag im Stadtteil Moema und kurz danach trudelt auch Paddy Dippon unser FaF-Freund ein, der aktuell in Sao Paulo lebt und arbeitet. Zwei Nächte übernachten wir bei ihm und machen uns ein kleines Bild von der Megacity Sao Paulo, dann wartet für uns das Kontrastprogramm. Wir fahren wieder zu unserer Verwandtschaft in die beschauliche Colonia Witmarsum. Der ideale Ort um sich nach unserer ersten Rundreise durch Südbrasilien etwas fallen zu lassen.

Datum: 20.07.2014(Tag 67) - Tachometerstand: 236 624km - gefahrene Kilometer: 5584km / davon Europa 610km / Südamerika 4974km - Ort: Colonia Witmarsum (Brasilien)

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