Unterwegs in den Chaco

Wie erwartet ist die LKW-Tour genial. Dank der feuchten Witterung sind die Urwaldwege gut vermatscht und der zu querende Fluss führt üppig Wasser. Sind die ersten Halb-Steckenbleiber noch initiiert, wird es bei der Ausfahrt aus dem Fluss ernst. Die Rampe ist steil und sehr weich, wir hängen fest. Zuerst darf die Besatzung durch Gewichtsverlagerung und Wippen noch versuchen die Situation zu retten, dann ist nichts mehr zu holen. Wir (das sind Team Esslingen und etwa 15 Personen aus Asuncion) müssen aussteigen und Daumen drücken, dass die Karre wieder aus dem Dreck kommt. Das klappt dann auch ziemlich schnell und wir setzen unseren Weg fort zur Jesuiten-Mission von Jesus de Tavarangüe.

Sind wir bei der LKW-Tour "nur" Mitfahrer, werden wir am Folgetag etwas aktiver und machen eine Reit-Tour über das Farmgelände. Zu meinem Glück sind die Pferde sehr zurückhaltend und belassen es bei einem leichten Trab. Die Mädels sind dagegen in ihrem Element und wollen gar nicht mehr vom Pferd steigen. Noch einmal haben wir heute reichlich Sonne und wir können anschließend den Camping-Pool in vollen Zügen genießen, dann kommt was die Wettervorhersage lange angekündigt hat, stundenlanger Starkregen in Kombination mit Gewitter. Fast die ganze Nacht trommelt der Regen auf das Autodach und am nächsten Morgen steht der halbe Zeltplatz unter Wasser. Wir sind drauf und dran Paraguay wieder zu verlassen, denn die Aussichten für die folgenden Tage sind wenig verheißungsvoll. Noch einmal checken wir den Wetterbericht und entscheiden uns in Richtung Asuncion weiterzufahren, wo aktuell mehr Sonne zu scheinen scheint.

Bei trübem Wetter besuchen wir die Jesuitenmission von Trinidad. Eine schöne Anlage, deren Besuch, wie bei den letzten Missionen, durch den grauen Himmel etwas geschmälert wird. Verfolgt von Regenwolken versuchen wir der Sonne entgegenzufahren. Nahe Encarnacion können wir sehen, was der Regen letzte Nacht alles angerichtet hat, überall sind die Bäche über die Ufer getreten und teilweise auch Gebäude überschwemmt. Je weiter wir nach Nordwesten kommen umso trockener wird die Landschaft. Der große Regen liegt hinter uns, aber die schwüle Luft erdrückt uns fast. Wir haben knapp 35°C und eine Luftfeuchtigkeit von geschätzt 100%. Als wir uns in Vila Florida auf Nachtplatzsuche machen explodiert der Dampfkochtopf. Gewaltige Blitze zucken vom Himmel und der Himmel öffnet seine Schleusen. Am Folgetag das gleiche Spiel, bei gnadenloser Schwüle geht es nach Altos. Wie eine Oase in der Hitzewüste empfängt uns die Superanlage von Nudel-Rene, auf der schönerweise schon Melanie und Werner warten, die wir von Carlos Pellegrini kennen. Beide hatten die letzten Tage deutlich weniger Glück als wir und kennen mittlerweile fast alle Werkstätten zwischen Carlos Pellegrini und Altos (Papier und Plastik im Tank hatte ihre Treibstoffzufuhr verstopft). Schnell alle begrüßen und dann rein in den Pool. Welch ein Segen bei dem Wetter. Noch einmal kracht am Abend ein starkes Gewitter vom Himmel, dann ist die schlimmste Tropenluft erst einmal abgezogen.

Der Platz in Altos ist genial. Rene und Marion sind super Gastgeber und die Tage vergehen wie im Flug. Wir fühlen uns so wohl, dass wir den Plan Asuncion zu besuchen verwerfen und nach einem Zusatztag bei Nudel-Rene direkt in den Chaco fahren. Gemeinsam gehen wir noch auf den Wochenmarkt in San Bernadino, der stark durch deutsche Auswanderer geprägt ist. Ob Thüringer, Haribo, oder Hengstenberg-Essiggurken, alles ist am Start. Die Krönung aber sind echte Laugenbrezeln, die Ellie schon seit Wochen von uns verlangt. Wir füllen unseren Proviant auf, dann folgt der traurige Abschied von Rene, aber auch von Melanie und Werner, die wir hoffentlich auf dieser Tour noch einmal treffen werden.

Die ersten Kilometer durch den Großraum Asuncion sind etwas stressig, dann queren wir den Rio Paraguay. Wir genießen den herrlichen Blick von der Brücke auf die Skyline der Hauptstadt Asuncion und die Kitesurfer auf dem Fluss, dann geht es langsam hinaus in die Einsamkeit von Paraguays Westen. Je weiter wir uns von Asuncion entfernen, desto dünner wird die Besiedlung, auch der Verkehr lässt stark nach. Nur die bis zu 31m langen Viehtransporter, die die unzähligen Rinder des Chaco in die Schlachthäuser der Hauptstadt bringen sind ein ständiger Begleiter. Eine bolzengerade Straße, unterbrochen von wenigen Kürvchen führt uns in die einsame Welt des Chaco. Erst die Asphaltierung der Trans-Chaco-Straße bindet diesen einsamen Landstrich enger an den Rest des Landes an. Die Bevölkerungsdichte liegt hier deutlich unter einer Person pro km² und unangenehmerweise befindet sich hier (trotz der relativ großen Entfernung vom Äquator) der Hitzepol Südamerikas. Den ersten Tag fahren wir durch den Bajo Chaco, hier gibt es noch eine relativ dichte Vegetation mit vielen Palmen. Wir finden am Abend einen sehr schönen Nachtplatz nahe der Tankstelle von Pirahu (witzigerweise findet sich auch hier in der Pampa an der mit Aufklebern gepflasterten Tür des einzigen Lokals Widerstand gegen Stuttgart 21). Am Folgetag wird es deutlich heißer und die Straße deutlich schlechter, als wir in den Chaco Medio vordringen. Bei der Hitze bekommt man eine Vorstellung welche Entbehrungen die ersten Siedler bei der Erschließung dieses Gebiets auf sich nehmen mussten. Umso beeindruckender ist zu sehen, welch properen Eindruck die Mennonitensiedlung Filadelfia (Fernheim), die wir in der größten Mittagsglut erreichen, heutzutage macht. Wir verwerfen unseren ursprünglichen Plan auf einer Farm zu übernachten und stellen unser Fahrzeug bei einem der wenigen Hotels der Stadt auf den Hof. So haben wir die Möglichkeit den hoteleigenen Pool zu nützen. Ein echtes Argument bei der gnadenlosen Hitze (40°C zeigt das örtliche Thermometer an).

Datum: 05.10.2014(Tag 144) - Tachometerstand: 243 129km - gefahrene Kilometer: 12089km / davon Europa 610km / Südamerika 11479km - Ort: Filadelfia/Fernheim (Paraguay)

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