Über den Wolken

Reinhard May hat es schon vor langer Zeit gewusst und in einem Lied besungen und jetzt endlich wollte ich es auch spüren. Von meinem Campingplatz am Lago Atitlan ging es mit einem der "öffentlichen Boote" nach Panajachel, vorbei an unglaublich schönen Villen in bester Lage. Etwas Geduld musste ich mitbringen, denn die Windrichtung passte noch nicht. Nach einigen Stunden, in denen ich durch die Stadt schlenderte, änderte sich die Windrichtung in "Auflandig" und so konnten wir, in einem klapprigen Kleinbus, die Fahrt in Angriff nehmen - was in meinen Augen der gefährlichste Teil des Unterfangens war.

Oben gab es eine kurze Einweisung und nach dem Anlegen der Ausrüstung ging es einfach so in die Luft. Was soll ich sagen, schon viele Jahre wollte ich einmal Gleitschirmfliegen, aber immer war ich, ich gebe es zu, zu knausrig! Aber für gerade mal 85 Euro, an diesem sagenhaft schönen Platz, da musste ich zuschlagen. Etliche Schleifen zogen wir an dem Berghang immer weiter hinauf, um dann im Anschluss Richtung See zu fliegen und zum Schluss in Strandnähe zu landen. Das grinsen wollte mir gar nicht mehr vergehen, daran konnte, auch die etwas rauere Heimfahrt mit dem Boot nichts ändern.

Jetzt war es an der Zeit auch von diesem Campingplatz Abschied zu nehmen. Seine Lage, das Wasser, das geradezu perfekt war zum Schwimmen, angenehme Temperaturen und nette Reisende machten die Abreise nicht ganz so leicht. Die Straße zum Vulkan Acatenango war wiedermal geprägt von steilen Serpentinen und eigentlich wollte ich den langen Aufstieg erst am Folgetag machen. Aber nachdem der Parkplatz alles andere als einladen war, um dort eine Nacht zu verbringen, packte ich schnell meinen großen Rucksack, mit allem, was man braucht, um auf 3700 m zu übernachten, und marschierte los.

Viertel nach drei stand auf der Uhr, viel Zeit hatte ich nicht bis es dunkel wurde und vor mir lagen 1200 Höhenmeter. Die zusätzlich fünf Liter Wasser machten sich ganz schön bemerkbar, aber alles, was man dort oben braucht, muss man mitnehmen, denn einen Bach sucht man vergebens. Gerade noch rechtzeitig kurz vor sechs Uhr stellte ich mein Zelt auf, kochen musste ich schon im Dunkeln.

Anschließend ging es, mit der Stirnlampe, an einen Aussichtspunkt an dem die Hütten der kommerziellen Touren stehen. Ich war weniger interessiert an dem hochprozentigen Gebräu, das die Guides gerade tranken, eher wollte ich sehen, ob der nahegelegene Vulkan "El Fuego" gerade etwas Lava ausspuckte. Leider war mein Weg umsonst und der Vulkan lag ruhig da, also wieder zurück und auf den frühen Morgen hoffen. Drei Uhr dreißig, nach einer kurzen Nacht, klingelte mein Wecker.

Im Zelt waren es gerade mal 0 Grad, noch im Schlafsack schob ich mir zwei Müsliriegel in den Mund und spülte den Brei mit einem kalten Schluck Wasser hinunter. Noch gute zweihundert Höhenmeter hatte ich bis zum Gipfel, vorbei an einigen Aussichtspunkten, von denen man den Vulkan, aber auch die tieferliegenden Städte sehen konnte, in denen sich noch nicht viel regte. In völliger Dunkelheit erreichte ich den Gipfel des Acatenango mit seinen 3976 m, ein eisig kalter Wind wartete hier auf mich.

Etwas windgeschützt wartete ich auf die ausbleibenden Eruptionen, als ich doch tatsächlich ein paar Lichter sehen konnte, die sich Richtung Gipfel des "El Fuego" bewegten. Gerade als ich mich von meinem Posten weg bewegte, passierte es dann das erste Mal, eine Rauchsäule und Lavafontäne waren zu sehen. Fluchend rannte ich zurück zu der Stelle, an der ich meinen Fotoapparat gerade hinstellen konnte, um das ganze aufzunehmen. Leider war die Lava schon erkaltet als ich ein Foto machen konnte, aber die Lichter, die unweit von der Stelle waren, wo die Lava abging, bewegten sich jetzt zügig weg vom Gipfel - unglaublich sich in solche Gefahr zu begeben.

So langsam füllte sich der Gipfel um mich herum. All die geführten Touren brachten ihre Kunden auf den Gipfel. Vorbei war die Ruhe, aber der Vulkan zeigte noch einmal seine Gefährlichkeit, bevor die Sonne die Gipfel beschien und somit den Zauber etwas verflog. Zurück zum Zelt ging es zügig, der Weg war endlich gut sichtbar und es ging ja auch bergab. Nach einem Tee und zwei Käsebroten packte ich Schlafsack, Kocher, Zelt usw. alles wieder ein und machte mich auf den Rückweg. Am Fuße des Vulkans kamen schon die nächsten Gruppen, die ihre Sachen von Pferden oder Guides hinauftragen ließen.

Die Alte Hauptstadt Antigua, mit ihren Kolonialgebäuden und umgeben von Vulkanen, war perfekt sich von den Strapazen zu erholen. Zwei Nächte blieb ich in der Stadt, aber dann musste ich mich doch hinter das Lenkrad klemmen.

Die Verspätung und das schneckengleiche Arbeiten der Hafenbehörden in Mexiko hatte mich eingeholt, viel Zeit hatte ich nicht mehr bis ich in Costa Rica sein musste. Ganze 250 km schaffte ich am ersten Tag, da Baustellen und Unfälle zu Kilometer langen Staus führten. In El Salvador ging es dann schon zügiger vorwärts, auch dank der besseren Straßen. Honduras, wo ich keine 24 Stunden war, kostete ganz schön viel. Mein "Zeitweise eingeführtes Fahrzeug" musste ich bei der Ausreise wieder abmelden. Bei meiner nächsten Einreise muss ich das Formular wieder ausfüllen und die Kosten von 40 US-Dollar bezahlen - bei allen anderen Ländern, die ich wieder besuche, konnte ich die Einfuhrgenehmigung behalten, da sie ja schließlich drei Monate Gültigkeit hat!

In Nicaragua, konnte ich dann endlich das Tempo etwas drosseln, und gerade hier sind die Straßen gut in Schuss und dazu kaum Verkehrsaufkommen. Einige Vulkane erheben sich aus der Ebene, die viel zur Rinderzucht genutzt wird, aber auch Granada bietet sich an, um sich von den nervigen Grenzüberquerungen zu erholen.

18.o1.2023 - Tag 64 der Reise Kilometer mit dem Rad: 2081 km Mit dem Auto: 2512 km

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