Mann über Bord

Wie schon 2007 ist uns auch dieses mal das Wetterglück in den Kackarbergen nicht beschieden. Von kleinen Unterbrechungen abgesehen regnet es in ein Loch und die Temperaturen sind bescheiden. Doch das kann uns nicht daran hindern in der Coruh-Schlucht eine Wildwassertour zu buchen. Diese Region gilt türkeiweit als beste Option für "Whitewater-Rafting". Marco handelt geschickt einen feinen Preis aus und als Skipper haben wir einen türkischen Nationalmannschaftskayaker. Dem perfekten Abenteuer steht also nichts mehr im Wege. Die Anreise zur Schlucht in der japanischen Klapperkiste ist dann auch schon ganz kurzweilig. Ich sitze direkt über dem Auspuff und über diverse Löcher im Blech atme ich schön die Autoabgase ein. Für mich ist vor dem eigentlichen Abenteuer die Reise beinahe schon mit einer Kohlenmonoxidvergiftung beendet.

Bei der Rafting-Einführung weist unser Kapitän noch auf das richtige Verhalten hin, sollte jemand über Bord gehen. Insgeheim denke ich, "naja, so wild wird es schon nicht werden und wenn, dann trifft es sicher die mitfahrenden Frauen..." Der Auftakt der Bootstour ist garnicht übel und wir werden gut nassgespritzt. Doch der Fluß bietet noch mehr. Bei den ersten stärkeren Stromschnellen falle ich ins Schlauchboot und komme in der Hektik nur mühsam wieder hoch. Vielleicht sollte ich mich doch weiter hinauslehnen, durch den Fuß in der Bodenlasche wird man ja gehalten. Schlechte Idee!! Die Schnellen sind jetzt richtig wild und ich werde übelst ausgehebelt. Bevor ich es richtig kapiere gehe ich über Bord und im wilden Wasser unter. Dabei schlage ich mir fies meine Knie auf und sehe schon mein Leben vor mir vorüberziehen. Meine erste Nahtoderfahrung!! Ganz so schlimm ist es doch nicht, aber die Situation ist durchaus prekär. Ich bin fast wieder am Boot, treibe wieder ab und dann bekommt Marco zum Glück mein Paddel zu greifen und zieht mich heran. Oktay unser Profiskipper hievt mich an Bord und springt sofort wieder ans Bootsende. Wir sind immer noch in wildem Wasser und treiben mittlerweile in verkehrter Richtung durch die Stromschnellen, eine nicht ungefährliche Position. Ein großes Lob an Oktay, der die Situation schließlich rettet und uns alle wieder in ruhige Gewässer führt.

Am Tag danach fahren wir noch weiter in die Berge nach Barhal (Altinparmak) und damit noch tiefer in den Regen. Gwen und Marco trennen sich nach drei netten gemeinsamen Tagen von uns und reisen weiter nach Hopa ans Schwarze Meer. In Barhal, tief in den Kackarbergen finden wir eine nette Pension, wo wir uns einrichten können. Genau der richtige Ort um den Dauerstarkregen auszusitzen (später erfahren wir über eine deutsche Wetterseite, daß es in unserer Region zu extremen Niederschlägen und Überschwemmungen gekommen sein muß). Leider fallen auch die Temperaturen ins Bodenlose und unsere Herberge ist nur mäßig darauf eingerichtet. Wir frieren uns die Nase und den berühmten Arsch ab. Nichtsdestotrotz geht Juwi bei übelstem Sauwetter mehrfach joggen.

Als wir insgeheim schon mit der Abreise planen, berappelt sich das Wetter und wir können endlich schön in den Bergen wandern. Zur Belohnung gibt es tolles Panorama mit schneebedeckten Gipfeln. Ganz trauen wir dem Wetterfrieden aber doch nicht und nehmen kurzerhand eine Tour zum Nemrut Dag ins Programm. Etwas weiter südwestlich sollte das Wetter doch besser sein. Tatsächlich haben wir in der Region um Elazig schönsten Sonnenschein. Ein wenig Schatten auf die nette Atmosphäre und die schöne Landschaft werfen das Überangebot an Militär und die allseits präsente Jandarma. Nahe Tunceli sind an einem Stausee alle wichtigen Punkte wie Brücken, Dämme,.. von gepanzerten Fahrzeugen bewacht. Die Angst vor Anschlägen ist groß und die Stimmung ist in den hauptsächlich von Kurden bewohnten Gebieten seit den Unruhen von 2007 immer noch angespannt. Problematisch ist dann auch unsere erste Nacht in den Bergen nahe Malatya. Zuerst werden wir von einem traumhaften Sonnenuntergang verwöhnt, dann bläst es uns fast vom Berg. Juwi macht um 21:00Uhr die Biege, klappt sein Dachzelt zusammen und legt sich ins Auto, ich folge seinem Beispiel um 3:15Uhr bevor es bei den Böen das Zelt zerreisst. Die sonst sehr reisefreundliche Türkei bietet uns in den ersten Tagen fast schon zuviel Abenteuer, mal sehen was sonst noch kommt?!

Datum: 26.09.(Tag 90) - Tachometerstand: 241 327km - gefahrene Kilometer: 15 427km / davon Europa 4830km / Asien 10 597km - Ort: Malatya (Türkei)

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