Im wilden Kaukasus

Traumhafte Morgenstimmung umgibt mich bei meinem Abschied von der Babak-Festung. Die letzten 150km bis zur armenischen Grenze fahre ich durch landschaftlich wunderschöne Regionen. Besonders entlang dem Grenzfluss Aras folgt ein nettes Örtchen auf das andere. Bedrückend wirkt allerdings der Blick auf das andere Flussufer nach Aserbaidschan, dort sieht man nur Geisterdörfer. Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach hat die Region veröden lassen. Auch auf iranischer Seite verkneife ich mir trotz schöner Natur das Fotografieren. Ein militärischer Wachposten löst den nächsten ab und die Geschichte (aus verlässlicher Quelle) über einsitzende Touristen, die aus Versehen militärische Anlagen fotografiert haben, geht mir nicht aus dem Hinterkopf.

Nahe dem iranisch-armenischen Grenzposten Nourzud/Agarak taucht mit Moghri, die erste armenische Stadt am anderen Ufer auf. Wie unwirklich wirkt dieser einstmals russische Außenposten in der wilden Berglandschaft. Kaum ein paar tausend Einwohner, aber riesige heruntergekommene Plattenbauten, die wie aus einer anderen Welt zu stammen scheinen. Der armenische Grenzbereich zum Aras-Fluss ist gesichert durch einen meterhohen stacheldrahtbewehrten Zaun, der unangenehm an den eisernen Vorhang erinnert. Die Iraner an der Grenze sind mit meinem Carnet überfordert, sonst läuft alles gewohnt korrekt. Die Armenier, verstärkt durch russische Soldaten, nehmen erstmal mein Auto in die Mangel und quälen mich dann durch einen Formalitätsmarathon, aber auch hier läuft alles korrekt.

50km hinter der Grenze quere ich den Moghri-Pass auf 2535m, dann tauchen mit Kajaran und Kapan weitere Trabantenstädte auf. Kajaran soll 8000Einwohner haben, die Skyline erinnert mehr an eine Großstadt. Beschaulicher kommt da Goris daher, wo ich mich in der Super-Herberge von Khachik Myrakyan einquartiere und das Bed & Breakfast als Basis fuer Touren zum Tatev-Kloster und nach Bergkarabach nutze.

Bergkarabach ist eine kleine selbsternannte Republik auf dem Gebiet von Aserbaidschan, das (noch) vergeblich auf seine Anerkennung durch die Weltgemeinschaft wartet. Von 150 000Einwohnern sollen 40 000 unter Waffen stehen und regelmäßige Kriegsdrohungen aus Baku sind der Normalfall. Die Region haengt am Tropf von Armenien und hat mit dem kleinen Stepanakert (40 000Einwohner) eine überraschend moderne Hauptstadt, in dem wenig an die Krisensituation erinnert. Praegender scheinen die endlosen Wäscheleinen, die einem Werbespot des "Weißen Riesen" entsprungen sein könnten. Beklemmender sieht es aus, wenn man das einst mehrheitlich muslimische bewohnte Sushi besucht. Von einstmals 30 000 Personen leben nur noch 5000 in einer Stadt, die vor allem von Ruinen geprägt ist. Das gesperrte Aghdam, am Grenzverlauf zu Aserbaidschan ist mittlerweile eine Geisterstadt, 100 000Menschen sollen hier einst gelebt haben.

Datum: 22.10.(Tag 40) - Tachometerstand: 294 148km - gefahrene Kilometer: 9341km / davon Europa 2265km / Asien 7076km - Ort: Stepanakert (Bergkarabach)