Geduld ist gefragt

Das Warten zehrte an meinen Nerven. Ganze 6,5 Stunden saß ich auf einem Stuhl in einer Bank, um auf ein Blatt Papier zu warten, welches bestätigen sollte, dass ich mein Fahrzeug in Mexiko fahren darf. Von einem Freund weiß ich, dass es auch in einer halben Stunde möglich ist, das Papier zu bekommen. Aber als ich dort war, schien alles andere wichtiger zu sein! Irgendwann klappte es dann doch und ich verließ genervt die Bank.

Tage später stand die Begutachtung des Fahrzeugs an. Recht schnell wurde festgestellt, dass ich keine Drogen oder Sprengstoff schmuggle. Der Schäferhund schlug nicht an. An ein Ausräumen wurde glücklicherweise bei mir verzichtet, da meine Holzkonstruktion fast alle Fächer unzugänglich machte. Und nochmal vergingen einige Tage, bis ich das Fahrzeug aus dem Hafen holen konnte - was wiederum auch wieder Stunden dauerte. Viel zu lange war ich nun schon vor Ort und habe Veracruz zigfach abgelaufen.

Das Schiff hatte ganze 14 Tage Verspätung und dann kamen nochmal 12 Tage dazu, bis das Fahrzeug freigegeben wurde. Schnell waren die Holzplatten draußen, die auf der Überfahrt gegen Einbruch schützen sollten, das Radio usw. wieder verbaut und ein Großeinkauf gemacht, jetzt konnte es endlich losgehen. Die ersten Kilometer kannte ich noch gut vom Rad fahren, dann bog ich ab auf kleine Straßen, die um den Vulkan "San Martin Tuxtla" führen. Wegen der grünen Wiesen und den Kühen wird diese Gegend gerne mit der Schweiz verglichen, wobei es hier eindeutig mehr Regenwald und Strände gibt. Leider schlug das Wetter um, aber ich ließ es mir nicht nehmen und sprang in das Meer, das jetzt nur noch 25 Grad hatte.

Überflutete Straßen und viele Unfälle ließen mich an Heiligabend rechtzeitig an einer Tankstelle anhalten. So verbrachte ich diesen Abend vielleicht nicht am schönsten Ort, aber auf jeden Fall sicherer als bei dem Wetter die Fahrt fortzusetzen! Palenque war schnell erreicht, hier liegen einige der schönsten Maya Ruinen mitten im Regenwald. Papageien und Aras waren am Himmel immer wieder zu sehen und aus der Ferne hörte man die Brüllaffen, die in der Dämmerung aktiv wurden. Da das Wetter noch nicht so gut war, wollte ich erst andere Sehenswürdigkeiten ansteuern und so ging es mit dem Rad über eine steile und kurvenreiche Strecke bis zu den Wasserfällen von Misol-Ha. Über 35 m stürzen die Wassermassen in einen natürlichen Pool. Leider war wegen der Regenfälle vom Türkis des Wassers nicht viel zu sehen und es war einfach nur trüb. Aber auch die Gegend war herrlich. Berge, üppiges Grün und nette Bauern, die mich beim Vorbeiradeln grüßten. Getrübt wurde dieser schöne Ausflug leider nur vom Verkehr, der auf dieser engen Straße nicht immer Rücksicht nahm und einem Stein, der mich nur knapp verfehlte, aber dafür mein Rad traf.

Als einer der ersten ging es für mich morgens zu den Ruinen von Palenque. Anfänglich waren es ein paar wenige Touristen, die zwischen der Vielzahl von Pyramiden und Tempeln herumliefen, aber mit der Ruhe war es schnell vorbei. Über viele Jahrhunderte hatten verschiedene Könige sich Tempel bauen lassen, in denen sie gelebt, aber auch bestattet wurden. Das Ganze ist im angegliederten Museum schön beschrieben, wie auch Fundstücke, die hier bewundert werden können. Etwas außerhalb und auf unwegsamen Pfaden konnte man noch einige Tempel im Regenwald besichtigen. Das charakteristische Brüllen lockte mich etwas vom Pfad ab und da konnte ich dann tatsächlich einen Blick auf die Brüllaffen werfen, die sich kaum sichtbar in den Baumkronen bewegten. Auf dem Rückweg durch die Tempelanlage sah es jetzt ganz anders aus und ich war froh, so zeitig hier gewesen zu sein.

Etwas weiter in die Berge hinein wartete schon das nächste Naturwunder auf mich - "Agua Azul"! Hier ist das Wasser türkisblau und die Wasserfälle können sich wirklich sehen lassen. Jede Menge natürliche Pools laden zum Baden ein und angesichts der herrschenden Temperaturen war es auch nötig. Aber man muss schon hartgesotten sein (für mexikanische Verhältnisse), um sich in dem 21 Grad kalten Wasser abzukühlen. Da man hier einfach auf dem Parkplatz übernachten durfte, blieb ich da und schaute mir das gleich morgens nochmals an, als die Sonne so langsam über die Baumwipfel kam und die Kaskaden erstrahlen ließ. Die ganzen Restaurants und Souvenirläden waren noch geschlossen, jetzt wurde noch Wäsche und Geschirr in den Pools gewaschen. Selbst die Einwegbecher wurden hier wieder aufbereitet für die nächsten Gäste.

Für mich ging beim Eintreffen der ersten Busse die Reise weiter, aber man braucht viel Geduld und etwas Kleingeld. Hunderte von Bremshügeln, die hier jeder willkürlich vor seinem Haus oder der Einfahrt bauen kann, lassen einen ständig abbremsen. Dazu kommen noch Kinder, die Schnüre über die Fahrbahn spannen, um Früchte usw. zu verkaufen oder eigenmächtige Arbeiter die Schlaglöcher ausbessern oder den Bewuchs an der Straße niedermähen und dafür entlohnt werden wollen.

31.12.2022 - Tag 46 der Reise

Kilometer mit dem Rad: 2081 km

Mit dem Auto: 1028 km

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