Entspannung in den Anden

Eigentlich wollten wir nach den anstrengenden Fahrtagen in San Salvador de Jujuy so richtig enstpannen. Der im Reiseführer beschriebene Zeltplatz schien auch optimal zu passen, "sehr empfehlenswert", " a great place to relax". Von wegen, das Wetter ist nach einem Kälteeinbruch absolut unangenehm. Da kann der Campingplatz ja nichts dafür, aber für den desolaten Zustand des Platzes eben schon. Nach einem Besitzerwechsel ist nicht mehr viel übrig vom ehemaligen Standard. Da wir bei banalen Dingen wie Geld wechseln oder Tanken auch noch viel Nerven liegen lassen, treten wir die Flucht nach vorne an, wir wechseln nach zwei Nächten auf einen benachbarten Platz. Die sanitären Einrichtungen unterbieten sich leider gegenseitig, aber der zweite Platz kann mit viel Bäumen und schönen Teichen auftrumpfen. Allerdings ist Sonntag und Hunderte Picknicker sind am Start. Eine Kleinigkeit wie ein Stromanschluss gerät so zu einem nervenaufreibenden Prozedere. Erst mit Einbruch der Dunkelheit, als alle Tagesbesucher abgerückt sind und wir allein auf dem Riesenzeltplatz zurückbleiben klappt die Versorgung mit 220V. Jetzt müsste doch eigentlich die Entspannung langsam einsetzen, doch Fehlanzeige. Eine Gruppe mit 100 Schülern ist angesagt, die direkt neben uns campieren sollen. Zudem ist der 12.10. Feiertag in Argentinien. Der fiel zwar dieses mal auf den Sonntag, doch der ist ja sowieso schon "Feiertag". Was bedeutet, dass der eigentliche Feiertag einfach vom 12. auf den 13. verschoben wird. Wir liegen also Montagmorgens noch in den Federn, da geht draußen der Krach schon wieder los. Noch mehr feierwillige Besucher als am Vortag rücken an, wie sollen wir da zur Ruhe kommen?

Doch genug rumgekrampft, warum sich eigentlich nicht von der guten Stimmung der Einheimischen anstecken lassen. Je mehr wir uns von der Idee befreien, Entspannung gibt es nur auf einem menschenleeren Campingplatz umso besser gefällt es uns hier. Der Platz ist landschaftlich sehr schön gelegen. Die Schulklasse ist absolut diszipliniert und die Tagesbesucher freundlich und fröhlich. Alle begegnen uns sehr positiv. Ellie hat auch bald ihren ersten Fan, der ihr sogar die Kekse hinterherträgt und das Wetter ist auch deutlich besser geworden. An der Technikfront können wir auch mal wieder aushelfen und einem Peugeot (Baujahr ca. 1960) den platten Reifen mit Luft füllen. Deutlich entspannter als bei der Ankunft verlassen wir nach drei Nächten den Campingplatz und wollen, bevor es in die Hochanden geht, noch bei den Thermalquellen von Reyes vorbeischauen. Dort ist es heiß und im Wasser noch heißer, an Abkühlung ist nicht zu denken. Also kurz die Quellen genießen und dann ab in die Höhe.

Wir durchfahren die wunderschöne Quebrada de Humahuaca, seines Zeichens Welterbe der UNESCO. Bei Purmamarca wechseln wir in die Nachbarschlucht und beziehen unser Lager in dem kleinen Indigenadorf. Abgesehen von wenigen Stationen zuvor wie Rio, Paraty oder den Iguazufällen sind wir jetzt zum ersten mal auf einer richtigen Touristenroute. Das sorgt dafür, dass die Ortschaften sicher viel von ihrem Charakter verloren haben, umgekehrt profitieren wir von der Infrastruktur, die auf Reisende wie uns besser vorbereitet ist. Jetzt sollte doch eigentlich alles gut sein. Doch wieder finden wir ein kapitales Haar in der Suppe. Unsere treue Kamera zeigt neuerdings ständig Fehlermeldungen an und lässt sich kaum noch bedienen. Sie wird doch nicht, jetzt wo einige Highlights warten, den Geist aufgeben??! Wir bekommen das Problem etwas in den Griff, aber ganz können wir es vorerst nicht beheben. Auch die Markise hat zu leiden. Wegen einem Platzregen bei Gewitter kurbeln wir unser Modell heraus. Der Regen ist vorbei, alles scheint gut, da kommt innerhalb von Sekundenbruchteilen eine gewaltige Windwand angebraust. Das Rauschen der Bäume warnt mich, doch zu spät. Ich versuche die Markise zu halten, Isabel springt strümpfig aus de Auto, aber erst mit der Hilfe zweier Argentinierinnen bekommen wir die Markise, die sich schon völlig nach oben verdreht hat wieder eingefangen. Für mich ist die Markise erledigt, die Mechanik muss verbogen sein. Nicht doch, unser Supermodell ist wohl auf solche Fälle vorbereitet und lässt sich auch nach der Aktion noch mühelos ein- und wieder ausrollen.

Purmamarca und seine Umgebung ist sehr schön. Gekrönt wird der Besuch noch durch das Treffen mit Jan. Wir kennen ihn über einen gemeinsamen Freund und haben per e-mail Kontakt mit ihm gepflegt. Da er zufälligerweise ebenfalls gerade in Pumamarca weilt treffen wir uns auf eine Bierchen. Nett, mal wieder in der Ferne über Gott und die Welt zu plauschen. Von Purmamarca fahren wir dann zurück in die Quebrada de Humahuaca und weiter nach Tilcara. Das lebendige Örtchen gefällt uns gut und die berühmten Ruinen sind auch in Radelweite. Um die Sammlung der wichtigen Städte in der Quebrada vollzumachen bewegen wir uns noch weiter nach Norden und erreichen Humahuaca, mittlerweile kratzen wir an der 3000-Höhenmeter-Marke. Neben vielen argentinischen Touristen treffen wir auch einige Europäer. Sehr nett ist die Begegnung mit einem Schweizer. Er kommt über den Umweg Bolivien aus Chile hier an und hat dort an einem Mega-Marathon in der Atacama-Wüste teilgenommen. In sieben Tagen hat er dabei ca. 250km gestemmt und einen stolzen 60.Platz belegt - siehe auch 4deserts.com.

Datum: 19.10.2014(Tag 158) - Tachometerstand: 244 260km - gefahrene Kilometer: 13220km / davon Europa 610km / Südamerika 12610km - Ort: Humahuaca (Argentinien)

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