Die vierte Jahreszeit

Mit feuchten Augen setzte ich mich wieder hinter das Lenkrad und auch der Himmel ließ noch ein paar Tropfen auf mich herab. Da fiel mir der Abschied von Anchorage nicht schwer. Schon am nächsten Tag sah es anders aus. Auf dem Glenn Highway erwartete mich Sonnenschein und vom Herbst eingefärbte Landschaften und Gletscher, die man sogar von der Straße aus sah. Beim Wandern war jetzt besondere Vorsicht geboten, da die Elchjagd in vollem Gange war. Hunderte von Fahrzeugen standen samt Anhänger am Straßenrand, ab hier ging es für die Jäger mit dem ATV oder gar mit Kettenfahrzeuge bis in die entlegensten Gebiete, um einen Elch zu schießen. Die erfolgreichen Jäger kamen einem mit dem Gespann auf der Straße entgegen, und entweder thronte ein Geweih oder gar ein ganzer Elchschädel oben auf.

Valdez, mit seinem schönen Hafen und dem Tor zum Prince William Sound, ist nicht nur das Ende der Ölpipeline, die aus dem Eismeer kommt. Die Stadt wurde auch tragisch berühmt, als 1989 der Supertanker „Exxon Valdez“ auf Grund lief und 42 Millionen Liter Öl die Küste Alaskas verseuchten und hunderttausenden Tiere das Leben kostete. Heute sieht man augenscheinlich nichts mehr von dem Unglück, selbst im Hafen sind Seeotter, Seelöwen und Seehunde zu sehen neben den schon fast obligatorischen Weißkopfseeadler.

Bei ein paar Wanderungen musste ich auch hier wieder vorsichtig sein, da Bären unterwegs waren, um die letzten der ziehenden Lachse aus den, oftmals nur kniehohen Bächen, zu angeln. Frische Spuren und angenagte Lachse, kombiniert mit hohem Gras oder Sträuchern, ließen mich noch lauter meine Wanderlieder singen um auf mich aufmerksam zu machen. Zum Glück kam es nie zu einer überraschenden Begegnung und ich sah die Bären schon rechtzeitig. Einige Einheimische haben nicht nur das obligatorische „Bärenspray“dabei, auch eine großkalibrige Handfeuerwaffe, direkt vor der Brust, sah man bei Wanderern oder Anglern des Öfteren.

Nach ein paar Tagen in Valdez und recht wechselhaftem Wetter, ging es wieder auf der gleichen Straße hinaus aus dem Ort. Auf dem ersten Pass lag schon etwas Schnee, das gab mir einen kleinen Vorgeschmack auf den „Denali Highway“ den ich weiter nördlich ansteuerte um nochmals zum Mt. Denali zu fahren.

Anfangs noch auf Teer, ging es später über Schotter auf Pässe bis 1200 m. Viel Schnee war nicht auf dem Weg, aber die umliegenden Berge erstrahlten mit herrlichem Neuschnee. Morgens lief jetzt schon immer die Standheizung, denn bei – 8 Grad Außentemperatur, war es drin alles andere als gemütlich.

Im Denali National Park war bis auf das Visitor Center alles geschlossen, aber das hieß auch umsonst campen und dass man, da kein Bus mehr fuhr, auch weiter mit dem eigenen Fahrzeug in den Park fahren durfte. Nur leider nicht ganz so weit, dass man eine freie Sicht auf den Mt Denali hatte, da eine Brücke beschädigt war. Selbst das Fahrrad bewegte ich mal wieder und fuhr etwas im Park. Einen Bären, Elche und auch einen Wolf bekam ich zu Gesicht, aber die schneebedeckten Berge und die eingefärbte Landschaft fesselten immer wieder meine Blicke, als ich auch auf verschneiten Wegen unterwegs war. Die ersten kleinen Seen und auch Bäche sind jetzt vereist und auch mein Wassersack braucht morgens etwas die Heizung, bevor ich an das Wasser komme. Die Wasserpumpe brauche ich bei –4 Grad Innentemperatur morgens nicht bemühen, erst Abends ist sie wieder einsatzfähig, wenn das Auto tagsüber in der Sonne steht.

Der Übergang der Jahreszeiten ging recht schnell oder wie man in Alaska die Jahreszeiten auch nennt – Juni, Juli, August und Winter!

Das schöne Wetter und die Aussicht auf die Berge, besonders den Denali, waren es auf jeden Fall wert, hier nochmal vorbeizuschauen. Aber jetzt muss ich wohl so langsam Abschied nehmen vom hohen Norden.

Denali National Park / Alaska USA 25.09.2023 - Tag 314 der Reise Kilometer mit dem Rad: 4876 km Mit dem Auto: 28014 km

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