Der Schlumpf mit Dachschaden

Der Besuch einer Bodega in Cafayate ist Pflicht, also schauen auch wir mal bei der nächstgelegenen Lokalität vorbei und erwerben unter anderem einen Torrontes. Einen Weißwein, den es nur hier in der Gegend geben soll. Vorbei an den zahlreichen Weinanbauflächen geht es dann zu den Ruinen von Quilmes. Am Eingang können wir für die Nacht stehen bleiben und der nette Wächter sorgt für gute Unterhaltung. Wieder nur ein paar Kilometer weiter liegt der Ort Amaicha del Valle mit dem berühmten Pachamama-Museum. Wie für uns gemacht liegt knapp daneben ein Zeltplatz mit Pool. So können wir am 24.12. den Doppelschlag machen. Kultur tanken im o.g. Museum und anschließend ins kühle Nass eintauchen. Das tut gut bei ca. 35°C im Schatten, zum Glück ist unser Tannenbaum aus Plastik und kann die Hitze gut ab. Ellie feiert dann auch ganz unkonventionell Heilig Abend im Badehöschen. Überhaupt ist unsere Weihnachtsfeier sehr schön, wenn auch etwas ungewohnt bei der heißen Wüstenumgebung. Mitfeiern scheint niemand zu wollen. Bei den Argentiniern ist der 25.12. der eigentliche Feiertag und der wird dann auch gebührend eingeläutet. Wir liegen schon im Bett und lesen noch etwas, dann krachen auf einmal um 0:00Uhr die Böller, dass es uns fast die Ohren wegnimmt. Mit übelsten Chinakrachern wird hier silvesterlike Weihnachten eingeläutet und danach dröhnt noch bis 5:00Uhr in voller Lautstärke die Musik aus der nahen Kneipe.

Von Amaicha fahren wir durch einsame Landschaften südlich nach Belen und Londres, das uns von argentinischen Reisenden empfohlen wurde. Der Ort selbst gibt nicht so viel her, aber der Camping mit Pool ist herrlich unter Bäumen gelegen und wird von Bewässerungskanälen durchflossen. Eine kleine Oase in dieser trockenen Gegend. Auch der Übernachtungspreis ist sensationell, wir zahlen umgerechnet gerade mal einen Euro pro Nacht. Wo bleibt da der Haken?? Nun es ist dank der Weihnachtstage extralanges Wochenende und hunderte Tagesgäste bevölkern den Zeltplatz. Diese und auch ihr Lärm stören uns nicht, aber die guten Plätze sind deshalb leider schon belegt. Der Chef am Eingang schickt uns also gleich nach hinten. Dort ist der Platz nicht mal halb so schön und vor allem mit einer zentimeter-dicken Staubschicht bedeckt. Das größte Übel wartet aber kurz vor unserem Nachtplatz. Das Wasser der zuvor gelobten Bewässerungskanäle läuft hier in einem Aquädukt gebündelt über den holprigen Weg. Ich springe schnell aus dem Auto, checke die Lage ob wir noch richtig sind und schätze grob die Höhe des Aquädukts; ich will bei der Bullenhitze einfach nur noch ankommen. Passt schon, vielleicht streifen wir etwas die herabhängende Wasserpflanze; und wenn schon.. Gemütlich schieben wir im 1.Gang weiter, als es auf einmal ein übel hässliches Geräusch gibt. Ach du Scheiße, die Höhe hätte doch dreimal für unser Fahrzeug ausreichen müssen?!? Fürs Anhalten oder Zurücksetzen ist es schon zu spät, also quetsche ich die Karre voll durch. Es lässt noch einen Schlag und dann haben wir das Gefühl unter einem Wasserfall zu stehen. Verdammt, was ist das für ein Film??? Wir springen aus dem Auto und sehen die Bescherung. Die Dachbox ist verbeult, der Dachträger total verbogen, das Auto fies verschrammt, ein Dachfenster und auch die Markisenaufhängung beschädigt und!?!, auf dem Autodach liegt ein etwa 40kg schwerer Wasserhahn. Das Scheißstück war unten als Wasserentnahmemöglichkeit an den Aquädukt angebracht, durch die Wasserpflanze nicht zu erkennen und ich Trottel reiße das Ganze mit der Dachbox ab. Ich fluche wie der berühmte Rohrspatz und renne dann zuerst mal zum Verantwortlichen des Campingplatzes. Desöfteren habe ich mich schon über die lasche Einstellung der Argentinier zu ihren Zeltplätzen geärgert, wenn z. B. von fünf Toiletten genau gar keine korrekt funktioniert. Jetzt kommt mir die Laissez-faire-Haltung (improvisieren statt reparieren) sehr entgegen. Eigentlich habe ich damit gerechnet viel Geld für die Reparatur des Hahnes zahlen zu müssen, der Chef meint aber nur, "was der Hahn ist abgerissen? Na ja, nicht so gut, aber passt schon, da findet sich schon eine Lösung." Tatsächlich wird kurz darauf das Loch grob mit Lumpen gestopft und damit der Wasserfall gestoppt, der Hahn wird aber sicher die nächsten Jahre unbeachtet im Gebüsch verrosten.

Deutlich verkrampfter als die Argentinier gehe ich zu Werke. Der Schaden wurmt mich enorm. Kaum haben wir das Auto geparkt, bin ich schon auf dem Dach, versuche den Schaden zu überblicken und was geht zu reparieren. Ich nehme mir nicht mal die Zeit die Klamotten zu wechseln und stehe passend zur Affenhitze mit langer schwarzer Hose und vor allem mit Alpaka-Wollsocken (alle anderen Socken sind in der Wäsche) in der sengenden Sonne, während vom nahen Freibad die Freudenjauchzer herüberschallen. Isabel hilft mir so gut sie kann, dann entlasse ich sie und Ellie Richtung Pool. Abends bin ich dann schon wieder halbwegs entspannt, zum Feiern ist mir aber noch nicht ganz zumute. Das übernehmen dafür die Einheimischen in bewährter Manier. Die komplette Nacht und auch am folgenden Morgen läuft die Musik in Megalautstärke durch. Ich überlege mir schon, ob hier in Schichten gefeiert wird, denn zu allen Tag- und Nachtzeiten höre ich laute und fröhliche Stimmen und morgens steht schon die nächste gutgelaunte Mannschaft da.

Noch einmal geht es unter dem unseligen Aquädukt durch, dann sind wir auf dem Weg nach Chilecito, das demnächst Etappenort bei der Rallye Paris-Dakar sein wird. Wir finden wieder einen sehr schönen Zeltplatz. Bei der aktuellen Hitze ist das Vorhandensein eines Pools wieder das Kriterium Nummer 1!! Zeltplätze mit Pool sind aber auch sehr beliebt bei Tagesgästen. Den Preis von Riesenrummel bezahlen wir heute aber wohl zum letzten mal, denn mit diesem Sonntag sollte dann auch das lange Feierwochenende in Argentinien vorerst beendet sein. Doch die Show heute toppt noch einmal alles. Es wird im Laufe des Tages proppenvoll und unglaublich laut. Die Argentinier lieben Musik und gehen davon aus, dass auch ihre Nachbarn Musik und vor allem ihre Musik lieben. Jedes zweite Fahrzeug hat die Stereoanlage maximal aufgedreht, ein infernalischer Lärm. Der Pool ist auch gestopft voll und in dem Landstrich um Chilecito scheint Bermudashort-Pflicht zu herrschen, sodass neben Ellie, die mit ihren blonden langen Haaren immer auffällt, auch ich, wie der Alien vom Badehosen-Stern bewundert werde.

Bevor wir es vergessen: alles Gute für 2015!!!

Datum: 28.12.2014(Tag 228) - Tachometerstand: 250 921km - gefahrene Kilometer: 19881km / davon Europa 610km / Südamerika 19271km - Ort: Chilecito (Argentinien)

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