Besuch bei der Rallye Paris-Backofen

Chilecito ist ein angenehmer Ort um ein paar Tage zu verbringen. Der in den Bergen gelegenen, schattige Camping macht die Hitze erträglich und in der Umgebung gibt es nette Ausflugsziele, wie den Zusammenfluss von gelbem und weißem Bach und die ehemals längste Transportseilbahn der Welt (nicht mehr in Betrieb). Außerdem verspreche ich mir hier ein paar Infos für die Rallye Paris-Dakar ziehen zu können, denn Chilecito ist dieses Jahr Etappenort des Riesenspektakels. Aber entweder frage ich die falschen Personen oder die Leute hier interessieren sich nicht sehr für die Veranstaltung. Ich bekomme nur heraus, wo das Rallye-Camp liegen wird und dass der Konvoi durch die Questa Miranda von Villa Union heranrollen wird. Uns interessiert aber mehr die Gegend um San Juan, wo wir in ein paar Tagen sein werden. Um uns in Rallye-Stimmung zu bringen fahren wir dann selbst schon mal die Route nach Villa Union. Eigentlich keine anspruchsvolle Sache, aber genau der engste und steilste Bereich ist aktuell Baustelle. Bei der ausgeschlagenen Schotterstrecke, wo hinter jeder engen Serpentine mit Gegenverkehr zu rechnen ist, bin ich bei Steigungen um die 20% mehr als froh um unseren zuschaltbaren Allradantrieb. Die Verbindung Chilecito - Villa Union ist übrigens Teil der Ruta 40, der wohl berühmtesten Straße Argentiniens und eine der längsten Fernstraßen überhaupt, weltweit. Auf guter Straße geht es dann weiter zum Nationalpark Talampaya, seines Zeichens UNESCO Weltnaturerbe. Für eine Tour ist es schon zu spät, aber bei der gnadenlosen Hitze steht uns der Sinn sowieso nur nach Abhängen im Schatten. Seit wir die Berge verlassen haben ist die Hitze kaum auszuhalten (>40°C) und mir graut bei dem Gedanken noch vier/fünf Tage bis zum Besuch der Paris-Dakar hier in der Ebene zu schmachten.

Nach Sonnenuntergang wird die Hitze in der Wüste erträglich und es erwartet uns ein genialer Sternenhimmel, aber der böige Wind will einfach nicht nachlassen. Immer wieder tobt in der Nacht der Starkwind und so verbringen wir das wohl unspektakulärsten Silvester unseres Lebens in der einsamen Wüste lesend im Auto. Am nächsten Tag trauen wir unseren Temperatursensoren nicht. Um ca. 15°C sind die Temperaturen gefallen und da (Staub-)Wolken den Himmel bedecken und es weiterhin windet ist es gefühlt noch deutlich kühler. Wir packen wieder lange Hosen und Jacke aus. Welch eine Wohltat nach der Hitzeschlacht des Vortages. So lässt sich die Tour durch den Nationalpark, bei dem wir schönerweise auch noch Motorradtouristen aus BaWü treffen, gut aushalten. Leider bleibt der Himmel recht suppig, sodass wir für die schöne Landschaft leider kein gutes Fotolicht haben. Eine andere Besonderheit des Parks können wir sowieso nicht bewundern. Hier vor Ort hat man die ältesten bekannten Dinosaurier ausgegraben, aber deren Knochen finden sich bereits fernab in verschiedenen Museen.

Ohne genau zu wissen, ob wir auf der richtigen Spur in Richtung Rallye sind, fahren wir nach Süden nach San Agustin de Valle Vertil. Ein überraschend angenehmer Ort für diesen verlassenen Landstrich. Genau neben dem Zeltplatz tritt ein kleiner Flusslauf aus den Bergen. Der perfekte Platz um zwei Tage abzuhängen bevor wir für die Paris-Dakar in die Hitzeglocke nahe San Juan absteigen. Hier bekommen wir auch zum ersten mal etwas genauere Informationen zum Routenverlauf der Rallye. Unsere Vermutung, dass die Route nahe Caucete die Ruta 141 kreuzen soll hat sich also als richtig erwiesen. So begeben wir uns zwei Tage später nach Vallecitos und beziehen nahe der Pilgerstätte Difunta Correas unser Lager. Testweise radle ich einen Teil der Rallyestrecke schon einmal mit einem 1/15 der Profi-Geschwindigkeit ab, was ich schon sehr hoppelig und unangenehm finde. Die hier verehrte Heilige ist übrigens eine der wichtigsten Heiligen Argentiniens überhaupt und der Pilgerort ähnelt sehr der Anlage für Gaucho Gil. Während der Feierlichkeiten zu ihren Ehren sollen bis zu 100.000 Menschen hier zusammenlaufen. Heute sind es nicht annähernd so viele, aber trotzdem bin ich beeindruckt wie viele Menschen bei der Hitze hier in dieser trostlosen Gegend zusammenlaufen. Die ersten Rallyetouristen sind schon am Start, aber die machen nur einen Bruchteil der Besucher aus. Bis tief in der Nacht um 3:00/4:00Uhr schleichen feiernd Leute um unser Auto, oft mit kleinen Kindern im Gepäck. Vielleicht haben wir schon wieder einen Feiertag verpasst, denn eigentlich hätte ich an einem Sonntagabend erwartet, dass früh Ruhe einkehrt.

Der Sonntag war heiß, ich schätze Temperaturen von deutlich über 40°C. Der Montag wird kaum besser. Schatten gibt es in dieser nahezu baumlosen Gegend kaum. Schon ab 10:00Uhr ist es in der Sonne kaum noch auszuhalten. Das wird ein verdammt langer Tag in dem Glutofen nahe Vallecitos, doch ein Rallye-Besucher muss leiden können. Um 10:30Uhr radeln wir über den glühenden Asphalt der Ruta 141 zur Zuschauerzone mitten in der Pampa, ein Wunder dass unsere Fahrradreifen nicht platzen bei diesen Bedingungen. Etwa auf 12:00Uhr sind die ersten Fahrzeuge angekündigt. Bis dann aber tatsächlich das erste Motorrad auftaucht haben wir fast alle einen Sonnenstich, außer Ellie die die Hitze recht gelassen erträgt. Die vorbeirasenden Motorräder sind ein Spektakel, bevor wir aber bei den herrschenden Verhältnissen bleibende Schäden davontragen radeln wir zurück Richtung Vallecitos um dort Wasser zu fassen und im Zielbereich näher an die Rallyehelden heranzukommen. Wir kommen dann auch gerade von der lebensrettenden Bar zurück als eben der mehrfache Weltmeister Carlos Sainz an uns vorbeirollt. Noch etwa eine halbe Stunde schauen wir dem interessanten Treiben mit den hochgerüsteten Fahrzeugen zu, dann sind wir nur vom Zuschauen so platt, dass wir uns vom Wüstenacker machen und unsere persönliche Paris-Dakar fahren, nämlich in der Affenhitze 3h über fast flüssigen Asphalt nach Mendoza schleichen. Dabei ist es heute so heiß, dass selbst der Fahrtwind kaum Kühlung verspricht. Welch Segen, dass der Zeltplatz in Mendoza wunderbar unter schattigen Bäumen gelegen ist. Nach dem obligatorischen Pool-Besuch gibt es sogar noch Kinoprogramm für die Kleinchen. Wie es sich für eine kleine Argentinierin gehört, kommt Ellie erst weit nach Mitternacht ins Bett, schläft dann aber sofort wie ein Stein.

Datum: 05.01.2015(Tag 236) - Tachometerstand: 251 581km - gefahrene Kilometer: 20541km / davon Europa 610km / Südamerika 19931km - Ort: Mendoza (Argentinien)

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Kommentare

Hallo ihr Drei, täglich schau ich ins Tagebuch und warte auf die Bilder, aber da scheint die Verbindung nicht gut zu sein das hört sich ziemlich anstrengend an. Hab extra die Rallye im Fernseh verfolgt und gehofft das ihr irgendwo an der Strecke mit eurem Mobil steht oder noch spektakulärer einfach paar Fahrzeuge überholtund eine Etappe gewinnt :-) freue mich schon auf die Bilder, viele Grüße vom mit Fieber Zuhause liegenden

Hei Juwi, ab Vallecito/Difunta Correa haben wir uns tatsächlich die Straße mit den Rallyefahrzeugen geteilt. Bevor es dann aber richtig spannend wurde sind die "Feiglinge" Richtung San Juan abgebogen, während wir nach Mendoza weiterfuhren. Komischerweise sind die Journalisten und Fernsehteams auch nach San Juan weitergezogen. War also leider nichts mit dem Etappensieg..

Ich hoffe, Du bist wieder fit! Beste Grüße von Ellie, Isabel und Rolf