Alles in Wodka

Die Tage in Almaty und in Kasachstan neigen sich dem Ende zu. Nachdem uns der Norden teilweise als eines der unwirtlichsten Fleckchen Erde erschien, das uns bisher in all den Jahren begegnet ist und uns am ersten Tag in Almaty gleich ein Rowdy auf die Autos gestiegen ist, gefaellt uns der Suedosten von Tag zu Tag besser. Mira und ihre Freunde und Familie verwoehnen uns im Uebermass und in Almaty wird es einem nicht langweilig. Immer wieder warten neue Ueberraschungen auf uns, schoene Museen, Einkaufscenter mit integrierter Eislaufbahn, die Schaschlikstrasse (heisst wirklich so!!) fuer hungrige Ausfluegler, ein abwechslungsreiches Nachtleben und dicke Autos, dass einem das Auge traent. In der Stadt sehen wir tiefergelegte Porsche, sehr interessant, wenn man bedenkt, dass die Autos wegen den schlechten Strassen ausserhalb Almatys kaum ueber das Ortsschild hinausfahren koennen.

Doch dann ist die Zeit des Abschieds gekommen. Wehmuetig verlassen wir unsere kasachischen Freunde und fahren Richtung Charyn Canyon, wo wir die letzte Nacht in Kasachstan verbringen. Tags darauf erreichen wir ueber eine Schotterpiste die kasachisch-kirgisische Grenze, die mitten in einem Hochtal auf gruenster Wiese liegt. Wie wenn man eine imaginaere Linie ueberqueren wuerde scheint in Kirgisien manches anders zu sein. In dem einsamen Landstrich, der gleichzeitig den oestlichsten Punkt unsere Reise markiert, sind Reisende selten und uns wird zugelacht und hinterhergewunken wie wir das sonst nur von Westafrika kannten, welch herzlicher Empfang. Die wunderbare Landschaft und die herzlichen Menschen, Kirgisistan hat uns im Sturm erobert.

Gemuetlich bummeln wir durch die auf knapp 2000m gelegenen Hochtaeler bevor wir vor Karakol nach Sueden in die Berge abbiegen. In Altyn Arashan warten heisse Quellen auf uns. Doch unser Reisefuehrer muss sich taeuschen, diese Rumpel-Piste kann man nicht fahren. Laut Fuehrer soll der Ort in den Bergen das beliebteste Touristen-Ausflugsziel in der Region Karakol sein. Wir koennen es nicht glauben, wir muessen falsch abgebogen sein. Nein, nach der naechsten Wegbiegung wartet eine kirgisische Familie samt Audi 80 (Audis sind hier sehr beliebt) und macht Picknick. Haben sie das Auto hochgetragen?? Nach der naechsten Biegung steht sogar noch ein Lada, unglaublich!! Wir schleichen noch ein paar Kilometer in die Berge, dann beschliessen wir das Nachtlager zu beziehen und am naechsten Tag weiterzuwandern. Und dann kommen sie tatsaechlich. Fast drei Wochen haben wir so gut wie keine westlichen Touristen gesehen und jetzt kommt ein Ungetuem an russischem Allradfahrzeug nach dem anderen voll mit Reisenden und quaelt sich an uns vorbei den Berg hoch. Ein beeindruckendes Schauspiel.

Am naechsten Tag nehmen wir die restlichen Kilometer unter die Sohlen und laufen bei Regenwetter hoch zu den Quellen. Die treue Sonne hat sich versteckt und Schauer erwarten uns. Valentin, der russische Bergf?hrer, bei dem wir uns spaeter einen Tee goennen, erklaert uns das kirgisische Wetter, das wie die Stimmung einer Frau sein soll, "es/sie kann sich staendig blitzartig aendern.." Mit dieser Weisheit und gewaermt von den Quellen geht es wieder ins Tal, wo wir im tiefsten Wald noch zwei hungrige Hundewelpen auflesen und kaum wieder losbekommen. Fuer die Rueckfahrt wollen wir dann bei der Holperstrecke die Luft aus den Reifen lassen. Vorne rechts beim Weissen Riesen koennen wir uns die Muehe sparen, wir haben uns eine Schraube ins Profil gefahren, der Reifen ist platt. Zum Glueck bemerken wir es rechtzeitig und leiten die Reparatur ein, spaeter setzt naemlich fieser Starkregen ein und alle steigen am folgenden Tag feucht aus dem Zelt. Schnell raus aus den Bergen, vielleicht ist am Issyk Koel See das Wetter besser. In Karakol lassen wir in knapp 10 Minuten und fuer umgerechnet 0,80Euro den Reifen flicken, dann soll es endlich an den zweitgroessten Bergsee der Welt gehen. Durch einen fuer die Region wohl sehr ungewoehnlichen Sommerstarkregen geht es nach Tamga, wo wir am Seestrand wild zelten wollen. Doch wir sind nicht allein. Der Reisefuehrer hat uns gewarnt und des oefteren konnten wir die Einladungen noch abbiegen, aber hier sind wir den wodkaseeligen Einheimischen gnadenlos ausgeliefert. "Zelt aufbauen", so ein Quatsch!!, "Essen kochen", Bloedsinn. Kein Argument zieht, wir muessen bei unseren neuen Freunden mitessen, was noch sehr nett ist. Aber natuerlich muessen wir auch mittrinken. Juwi redet sich mit Verweis auf seine riesigen Narben am Bauch heraus, doch die Anderen sind dran. So schnell koennen wir garnicht trinken wie nachgeschuettet wird. Und die Jungs und Maedels werden immer lauter. Jede Geschichte, die wir sowieso nicht vestehen (da in russisch erzaehlt) wird mit 100Dezibel praesentiert und hat eigentlich immer mit Wodka zu tun. Das kann ein langer Abend werden. Doch Rettung naht in Form von zwei grimmigen Gestalten in Tarnuniform, die unsere Trinkfreunde verwarnen, weil sie zu nahe am See parken. Gerettet, wir muessen alle unser Nachtlager um ein paar Meter veraendern und koennen den Moment nutzen um uns mit einem letzten Wodka und viel freundlichen Gruessen in unsere Zelte zurueckzuziehen.

Datum: 28.07.(Tag 30) - Tachometerstand: 233 447km - gefahrene Kilometer: 7547km / davon Europa 4830km / Asien 2717km - Ort: Tamga/Issyk-Koel See(Kirgisistan)