Schnee

Hobart, die zweitälteste Stadt Australiens, hat Charme mit ihren alten Sandsteingebäuden und dem Hafen. Da können mich auch nicht die 6 Grad Höchsttemperatur und die immer wieder durchziehenden Regenwolken abhalten, einen Rundgang zu machen und die Sehenswürdigkeiten wie "Salamanca Place", "Batterie Point" und "Macquarie Warf“ anzuschauen.

Als mich am nächsten Morgen dann auch noch Sonnenschein empfängt kann ich es mir nicht nehmen lassen, den Hausberg „Mt Wellington“ zu beradeln. 22 km windet sich die Straße hinauf auf die 1270 Meter. Bei meiner Abfahrt hat es unten 3 Grad, oben liegt frischer Schnee von den letzten Tagen.

Bereits nach 10 km habe ich die Schneegrenze erreicht und ab km 12 ist die Straße für Fahrzeuge gesperrt – was mich mit dem Rad aber zum Glück nicht betrifft. Immer mehr Schnee, auch gefrorene Bäche sind zu sehen und als mir noch ein Schneepflug entgegen kommt ist mir richtig winterlich zumute. Kurz vor dem Gipfel überholen mich die Autos, die unten vor der Schranke standen. Ohne den Schneepflug wäre ich wohl alleine oben gewesen.

Gerade noch rechtzeitig bevor der Schneesturm kam, konnte ich mich oben unterstellen und die nassen Radklamotten wechseln. Von der schönen Aussicht kann ich allerdings nichts mehr sehen, alles ist weiß und der starke Wind machen die etwa -4 Grad fast unerträglich. Ich harre noch 10 Minuten aus, aber das Wetter bessert sich nicht. Also schwinge ich mich aufs Rad.

Bereits 200 Meter später stehe ich wieder. Die Finger schmerzen vor Kälte, nass wegen dem Schnee, zusätzlicher Fahrtwind und der ohnehin schon starke Wind sind keine gute Kombination mit den fingerfreien Radhandschuhen. Zum Glück habe ich noch zwei Plastiktüten dabei. Die stülpe ich mir zusätzlich über die Hände. So fahre ich im Schritttempo runter. Auf der Straße liegt Schnee und sehen kann ich auch kaum etwas aufgrund des Schnees, der mir in die Augen weht. Als ich nach etlichen Stopps unten ankomme, gönne ich mir erst Mal eine kräftige warme Dusche, die ich auch wirklich nötig habe. Spaß hat es dennoch gemacht – auch wenn die rasante Abfahrt und die Aussicht ausgeblieben sind.

Ich wollte schnellstmöglich nach Cradle Mountain, um den „Overlander Trek“ zu machen. Ich musste aber noch mal einen Tag Pause in Launceston einlegen, da die Straßen Richtung des Nationalparks, der mit seinen 168 000 Hektar den höchsten Berg Tasmaniens (MT Ossa) und den tiefsten See Australiens (Lake St. Clair 167 m ) beinhaltet, gesperrt waren.

Endlich ging es weiter. Im Bus traf ich Christian, einen Schweizer, der auch den Overland Trek machen wollte. Beide waren wir froh, dass wir unter diesen erschwerten Umständen nicht alleine unterwegs waren.

Schnell verstaute ich meine Rad noch hinter einem Geräteschuppen, im Schnee, als es auch schon los ging. Waren am Anfang noch ein paar freie Stellen ohne Schnee, wo wir auch einige Wombats sahen, war bald eine geschlossene Schneedecke vor uns.

Hoch auf den Pass folgten wir den Schneeschuh- wie auch Skispuren. Leider hatten wir keine dieser Hilfsmittel dabei und brachen oft durch die Schneedecke bis zur Hüfte in den Schnee ein. Das Vorwärtskommen war sehr mühsam und als dann noch etwas Schneeregen einsetzte war auch noch die schöne Aussicht dahin. Mit nassen Füßen, aber guter Laune erreichten wir nach dem Abstieg vom Pass die „Waterfall Valley Hut“ wo wir mit nur einem Paar die gemütliche Hütte teilen mussten. Der Gasofen schaffte es bis zum Morgen, unsere Schuhe trocken zu bekommen. So konnten wir auf dem gefrorenen Schnee die erste Zeit trockenen Fußes vorwärts kommen.

Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, die Aussicht war herrlich nur musste man sich so auf den Weg konzentrieren, dass man anhalten musste, um die anfangs gefrorenen Seen und hohen Berge zu bestaunen. Als die Sonne die Eisschicht angetaut hatte, begann die Stolperei. Der Weg, der meist etwas tiefer lag, war gefüllt mit Schnee. Unter dem Schnee befand sich viel Wasser und wenn man einbrach waren die Schuhe trotz der Gamaschen gleich mit Wasser gefüllt.

Um den empfindlichen Moorboden zu schonen waren auch sogenannte „Duck boards“ - Holzdielen auf Stelzen – auf Teilstrecken des Weges zu begehen. Da diese aber oft nicht zu sehen waren, trat man immer wieder daneben oder rutschte von den Brettern hinunter und landete mit den Füßen im tiefen Matsch. Was oft lustig aussah tat manchmal ganz schön weh wenn man zB. mit dem Schienbein am „Duck board“ entlang scheuerte. So wurde die meiste Kraft nicht an das Laufen verschenkt, sondern an das Abfangen und Ausbalancieren.

Wenn ich sonst immer die angegebenen Zeiten belächelte und nur ein Viertel oder Drittel der Zeit brauchte, waren wir hier froh wenn wir die angegebenen Zeiten einhalten konnten. Nach einer langen Etappe kamen wir in der „New Pelion Hut“ an wo erstaunlich viel los war. Aber schnell war geklärt warum. Von einem Parkplatz kann man die Hütte in einer Tagesetappe gut erreichen, ohne die schwere Route (die wir genommen haben) am Cradle Mountain vorbei zu nehmen. Leider funktionierte der Ofen hier nicht und so hieß es morgens bei -2 Grad in die nassen Schuhe zu steigen.

Aber auch mit trockenen Schuhen wäre es nicht lange gut gegangen, da die Sonne auch an diesem Tag schien, verwandelte sich der Schnee in das andere Element und der Weg wechselte immer mehr von Schnee zu Schneematsch oder gar zu Wasser und aus dem Weg wurde oft einen knöcheltiefer Bach. Die Schneelast hatte auch viele Bäume und Sträucher überfordert und so lagen diese kreuz und quer über dem Weg und stellten zusätzlich ein Hindernis dar.

Da das Wetter stimmte, konnten wir es uns nicht nehmen lassen, den nahegelegnen Berg „Mt Pelion East“ mit seinen 1433 m zu besteigen. Die Rucksäcke ließen wir zurück und machten uns auf den Weg zum Gipfel. Im Schnee verloren wir den Weg und so mussten wir, um an den Gipfel zu gelangen, auch noch klettern. Mir wurde etwas mulmig zumute beim Gedanken an den Abstieg, aber oben angekommen sahen wir den Weg, der doch einiges einfacher nach unten führte - zum Glück! Die Aussicht bei strahlend blauem Himmel war überwältigend. Schneebedeckte Berge und Regenwälder so weit das Auge reicht – fehlt nur noch der Gipfelschnaps.

Die nächste Hütte hatte einen funktionierenden Ofen und genug Platz zum Übernachten. Der Schnee hatte viele Wanderer abgeschreckt, auch wenn es jetzt noch nichts kostet und keine Auflagen gibt, den Trek zu begehen. Ab dem 1 November werden neben den 30 $ Parkgebühren 150 $ für den Trek verlangt und nur 34 Wanderer werden täglich von Norden auf den Weg gelassen. So wird vermieden, dass zu viele gleichzeitig unterwegs sind und die Zeltplätze ausreichen. 2 Stunden brauchten wir nur noch zurück zu legen zur letzten Hütte, wo auch wieder genug Platz war für uns. Wir hatten das Zelt also umsonst mitgenommen.

Nach einem erfrischenden Bad im Fluss konnten wir den ganzen Tag entspannen und dem Regen zusehen, der draußen wieder die Oberhand hatte. Gerade rechtzeitig waren wir fertig geworden mit dem Trek und wir hatten bis auf den Anfang das beste Wetter gehabt. Mit drei anderen Wanderern zusammen drehten sich die Gespräche um die letzten Tage. Mit ihren Schneeschuhen hatten sie es bedeutend einfacher in dem tiefen Schnee. Jedoch im Matsch und Wasser hatten auch sie nasse Schuhe bekommen, die jetzt mit unseren zusammen um den Ofen herum standen, um zu trocknen. Mit der Fähre ging es am nächsten Morgen rasant über den Lake St. Clair.

Danke an Christian mit dem ich die 65 km in dieser wunderschönen Landschaft genießen durfte.

An der Straße hatten wir noch gut zu lachen, da Christian nach Hobart und ich zurück nach Cradle Mountain wollte - per Anhalter – bei einem Verkehr, der wohl auf einem deutschen Feldweg dichter wäre. Kaum Verkehr war vielleicht das große Glück. Ich hatte als erstes Glück, dass ein Auto anhielt. Schnell noch rief ich zu Christian ein „Lebewohl“ und dann begann die Fahrt durch eine Gegend, die mich stark an Norwegen erinnerte. Noch drei Mal musste ich mit erhobenem Daumen an der Straße stehen, aber nie länger als 5 Minuten, dann war ich zurück und konnte mein Rad hinterm Schuppen vor holen, wo ich es unbeschadet vor fand.

Datum: 06.10.(Tag 142) - Tachometerstand Juwi: 7910 km Ort: Cradle Mountain/Australien

Reisen: 

Kommentare

Hei Juwie, nächstes mal gehst Du in die Südsee. Wenn Du dann immer noch ständig Regen, Frostnächte, Gegenwind und meterhoch Schnee hast, dann würde ich mir langsam Gedanken machen... ;-)

Genieße die Tage trotz aller Wetterwidrigkeiten!!

Herzliche Grüße, Isabel und Rolf mit Ellie