Zurück in D-Land

Von Siauliai aus besuchen wir den Berg der Kreuze, ein religiöser Wallfahrtsort, der Menschen aus aller Welt anzieht. In der Zeit der Sowjetherrschaft kam dem Hügel auch eine politische Bedeutung zu. Mehrfach wurden alle Kreuze durch die Kommunisten vom Hügel entfernt. Umgehend wurde aber wieder neue Kreuze aufgestellt, was den Berg auch zu einem Zeichen des nationalen (litauischen) Widerstands gegen die Sowjets machte. Weit über 50.000Kreuze sollen sich heute dort befinden. Nicht viel weniger Touristen kommen dort heute zu Besuch, genau so wie in Trakai (unserem nächsten Ziel) mit seiner schönen Wasserburg. Das kleine Örtchen mit seiner schönen Burg und der attraktiven Lage am See hat es nicht zu Unrecht auf die litauische To Do-Liste der internationalen Reisegruppen geschafft.

Für uns ist Trakai die letzte Station im Baltikum, wir ziehen weiter nach Polen in die schönen Masuren. Hat der Verkehr in Litauen im Vergleich zu Lettland oder vor allem Estland schon gewaltig zugenommen, so wird er jetzt in Polen regelrecht unangenehm. Kleine kurvige Sträßlein, dichter Verkehr, viele und oft schlecht organisierte Baustellen verleiden einem die Fahrerei. Besonders anstrengend sind aber die oft sehr ungeduldigen Verkehrsteilnehmer. Am zweiten Tag im Land kommt es gleich mehrfach zu haarigen Situationen. In einem extremen Fall kommt mir in einer engen Kurve ein überholender 40-Tonner auf meiner Fahrspur entgegen. Mich rettet nur die Tatsache, dass just an dieser Stelle kein Graben sondern eine Bushaltestelle ein Ausweichen ermöglicht. Gut, dass man sich abends auf schönen Zeltplätzen erholen kann. Der Besitzer eines Platzes nahe Elk, zündet abends sogar Kerzen für seine Gäste und für eine stimmungsvolle Atmosphäre.

Die Masuren sind bekannt für ihre schöne Seen und die Natur. Wie so viele Orte in Polen sind sie aber auch eng mit der deutschen Geschichte verwoben. Eine etwas zweifelhafte Sehenswürdigkeit ist das ehemalige Führerhauptquartier Wolfsschanze mt seinen gewaltigen Bunkeranlagen. Hier verübte von Stauffenberg am 20.07.1944 das fehlgeschlagene Sprengstoffattentat auf Hitler. Die Anlage ist wenig seriös präsentiert, wer möchte kann gar Shirts und Kappen mit Wolfsschanze-Aufdruck erwerben. Fast schon "wohltuend" sind deshalb zwei (temporäre) Ausstellungen auf dem Gelände, die über die brutale Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto berichten und einen Blick auf den grausamen deutschen Ostfeldzug werfen. Ein angenehmeres Erbe deutscher Geschichte ist der nahe Oberländische Kanal, erbaut unter Baurat Georg Steenke. Auf ihm ist es bis heute möglich Schiff zu fahren und mit Standseilbahnen die "Staustufen" zu überwinden (siehe auch Juwi in Polen)

Die schwere geschichtliche Kost ist für eine angehende Drittklässlerin nicht immer leicht zu nehmen. Gut, dass sich Ellie auch immer wieder selbst schöne Aufgaben stellt. Heute soll das Auto von außen verschönert werden. Schade nur, dass die Filzies schlecht auf dem Lack halten und schon der Tau das grandiose Kunstwerk fast vollständig wieder verschwinden lässt. Zum Tau kommt in Gdansk/Danzig dann auch wieder gehörig Regen. Nach langer Trockenheit, Hitze und Waldbrandgefahr, waren wir das fast nicht mehr gewohnt. Unsere geplante Ostseebaderei beschränkt sich deshalb auch nur auf etwas Fußbad. In der Stadt selbst ist Dominikanermarkt und das Zentrum brechend voll. Die Altstadt beeindruckt aber dennoch, vor allem wenn man die Aufbauleistung nach dem Krieg bedenkt. Während in (zerstörten) deutschen Städten nach dem 2.Weltkrieg meist neu gebaut und geplant wurde, hat man in vielen polnischen Städten die historischen Zentren bewahrt und nach alten Plänen wieder aufgebaut. Neben Breslau und Warschau ist das vor allem in Danzig wunderbar gelungen. So wie die Zeit in der Altstadt stehen geblieben scheint, so scheinen auch die Straßenbahnen und die zugehörigen Gleise aus einer anderen Zeit zu kommen. Bei der Rückfahrt an den Zeltplatz gibt unser übellauniger Tramfahrer so extrem Strom/Gas, dass ich jeden Moment damit rechne, dass die Bahn aus der Spur hüpft. Doch so weit kommt es nicht, denn ein anderer Fahrer kommt uns zuvor, die weitere Strecke ist gesperrt. Wir müssen tatsächlich auf Schienenersatzverkehr/Bus umsteigen, da eine Bahn vor uns fies aus den Gleisen gesprungen ist.

Wir springen weiter an die pommersche Ostseeküste und unterschätzen etwas, dass hier viele Einheimische gerne Urlaub machen. Leba scheint so etwas wie das polnische Mallorca zu sein. Dem Trubel und auch dem widrigen Wetter zum Trotz ist der Aufenthalt im nahen Slowinzischen Nationalparks sehr lohnenswert. Schade, dass uns die Urlaubstage ausgehen und wir langsam aber sicher an Slupsk/Stolp (der Heimat meiner Großmutter) vorbei Richtung Stettin und dann in die Uckermark nach Deutschland weiterziehen.

Datum: 12.08.2018 (Tag 50) - Tachometerstand: 323581 km - gefahrene Kilometer: 7604 km / davon Russland 2095 km - Ort: Warnitz (Deutschland)

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