Zwei halbe und ein ganzer K.O.

Noch einmal schnell sich gebührend in Dubai abziehen und 9,-€ für einen Boppel Eis liegen lassen (es soll tatsächlich Touristen geben, die so einen absurden Preis zahlen), dann geht es zur VW-Werkstatt den Roten Blitz abholen. Diagnose: der Nockenwellendichtring wird leider seinem Namen nicht ganz gerecht und leckt etwas. Das Problem kann auch nicht behoben werden, da für unser altes Mobil leider keine Ersatzteile verfügbar sind. Da aber sonst nichts weiter gravierendes ansteht, das Auto gut durchgecheckt wurde und auch sonst gut dasteht, fahren wir mit einem guten Gefühl weiter nach Al Ain. Der Ort ist nicht der ganz große Hingucker, aber die unter UNESCO-Schutz stehende Palmenhaine im Zentrum, das eine oder andere nette Bauwerke, viele liebenswerte Begegnungen und ein Irish Pub mit LIve-Fußball machen den Aufenthalt sehr angenehm.

Wir nehmen auch noch den lokalen Viehmarkt mit, dann steht schon die nächste Grenze an. Dieses mal sind wir nicht die einzigen Westeuropäer, neben uns quert spannenderweise auch noch ein Schweizer Fahrradfahrer die Grenze in den Oman. Chapeau, auch er hat Zielrichtung Maskat. Was bei den vorherrschenden Temperaturen eine echte Herausforderung ist. Die Fahrt selbst dorthin ist deutlich spannender als die vielen Kilometer zuvor. Nach viel Ebene tauchen jetzt wieder gewaltig Berge auf, die im Falle des Omans bis über 3000m ansteigen. Auch Maskat weiß zu gefallen. Nach dem Hochhausinferno von Dubai wird hier vor allem flach und in in weiß gebaut. Das sorgt für ein angenehmes Stadtbild. Wie so oft aber auf der Arabischen Halbinsel sind auch hier im Oman die Städte flächenmäßig riesig und meist nur mit Auto oder Taxi zu bewundern.

Schön sind die Bereiche, wie z.B. Mutrah mit dem Souk oder die Altstadt wo man auch größere zusammenhängende Bereiche zu Fuß ablaufen kann. Schön wird es vor allem aber dann, wenn man die Städte verlässt und die großartige omanische Natur genießt. Die genießt man im Falle des Wadi Shab und des "Sinkhole" von Bimmah nicht unbedingt alleine, vor allem nicht am omanischen Nationalfeiertag, aber das Erlebnis ist trotzdem beeindruckend. Beinahe hätten wir dabei zwei Ausfälle beklagen müssen. Beim Hinweg zu den genialen Badestellen des Wadi Shab gelingt Andi eine geniale Slapstickeinlage, als er vor versammelter Wadi-Mannschaft vom Felsen rutscht und im Wasser landet. Zum Glück malträtiert er nur leicht seine Hüfte und kann, wenn auch lädiert, weiterlaufen. Etwas härter trifft es mich auf dem Rückweg, ich schlage bei den superrutschigen Felsen hart auf Steiß und Hinterkopf auf und muss mit einer leicht blutenden Platzwunde den Rückweg antreten. Auch ich komme mit dem Schrecken davon, beeindruckend ist vor allem aber wieder wie viele Einheimische sich um mein Wohlbefinden bemühen und mich unterstützen.

Waren diese ungewollten Akrobatiken noch schmerzhaft aber verkraftbar, so tun die abendlichen Fußballspiele und der deutsche K.o. schon mehr als weh. Wir schauen in einem Hotel mit deutschen Geschäftsführer, dementsprechend sind viele Deutsche da (u.a. sogar zwei Zimmerleute auf der Walz auf dem Weg nach Indien) und alles ist gemacht für eine schöne Party. Doch nach dem euphorischen Beginn rasselt unsere Stimmung massiv in den Keller. Der Frust ist groß, sollen wir überhaupt noch nach Katar fahren? Allein schon der Tatsache wegen, dass Katar unverschämte 1250,-€ nur für die Einreise mit dem eigenen Fahrzeug verlangt, sind wir versucht umzuplanen. Aber wir haben schon Karten und ganz ohne WM-Besuch abzureisen wäre auch komisch. Also den megagroßen Frust hinunterschlucken und Kurs auf Doha nehmen. Wir verlassen Maskat in Richtung Birkat al Mauz und genießen in Nizwa zusammen mit den Einheimischen das lange Wochenende und die schöne Altstadt.

Für Nizwa und die umliegende Berglandschaft hätten wir uns gerne mehr Zeit genommen, doch unser Zeitplan ist eng getaktet. Es geht schon wieder zurück Richtung Al Ain in den Emiraten. Lässig spulen wir die Kilometer ab und lassen uns auf den Überlandstraßen von den Einheimischen abfeiern, die uns immer wieder fröhlich grüßen, wenn sie unser deutsches Fahrzeug + Nummernschild erkennen. Geschmeidig nehmen wir auch die nächste Grenze (Oman - VAE). Wir fühlen uns mittlerweile wie abgeklärte Traveller, die die arabische Halbinsel und ihre Straßen im Griff haben. Schnell nach der Grenze in den Supermarkt flippern, dann wollen wir nach Abu Dhabi flitzen und dort noch einmal abklatschen. Zurück im Auto, quatschiquatschi hier, quatschiequatschie da, alberalber und dann ist es passiert. Ein höchst unangenehmes Geräusch lässt uns und unserer guter Stimmung in Sekundenbruchteilen die Luft raus. Unser ab und an etwas unkonzentrierter Fahrer hat beim Ausparken ein anderes Fahrzeug touchiert. Da gibt es zwei Meinungen, die Aktion läuft als Unfall, wir müssen die Polizei rufen. Was für ein Riesenkäse! Was droht uns? Fahrverbot, juristischer Ärger, stundenlange Streit? Glück im Unglück, wir haben eine solide Versicherung und den denkbar angenehmsten Verkehrsgegner erwischt. Sein erste Sorge gilt nicht seinem Fahrzeug sondern unserer Gesundheit und obwohl seine acht Kinder und seine schwangere Frau im Auto sitzen hat, ist er so etwas von tiefenentspannt, dass wir das folgende Prozedere gelassen über uns ergehen lassen können. Kaum eine Stunde später sind dank Polizei und Ahmed alle Formalitäten geregelt und nach einem gemeinsamen Gruppenbild geht jeder wieder gelöst seiner Wege. Schmerzfreier hätte die unnötige Aktion kaum ablaufen können, zudem ist der minimale Blechschaden auf unserer Seite absolut vernachlässigbar.

Datum: 03.12.2022 (Tag 47) - Tachometerstand: 173.649 km - gefahrene Kilometer: 9604 km (davon Asien: 6642 km) - Ort: Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate)