We need noch a bißle

Grande Fiasko, Deutschland verliert gegen Italien. Welche Enttäuschung, die tollen Tage in Kolomyya hätten wirklich ein Happy End verdient. Enttäuscht vom Spiel, aber begeistert von der Gastfreundschaft fahren wir weiter zur Burg von Khotyn und dann nach Kamyanets-Podilski. Alles mit einem DIN A5-Schemaplan aus dem Reiseführer, denn unser Navi ist im Südwesten der Ukraine ein Totalausfall (das gibt einen ordentlichen Beschwerdebrief an den Hersteller). Kamyanets ist ein Abschluß nach Maß unserer Tour durch die Ukraine, die länger dauerte als geplant. Die Altstadt ist wunderbar gelegen und die vorgelagerte Burg ein echtes Postkartenmotiv.

Noch einmal können wir uns davon überzeugen, daß sich im Land auch einiges in Sachen touristischer Infrastruktur tut. Wir haben ein Superhotel mit Schwimmbad, Sauna und Fitnessraum inklusive und das zum kleinen Preis bei englischsprachigem Personal. Andererseits lernen wir aber auch noch einmal die punktuelle Servicewüste Ukraine kennen. Im scheinbar besten Restaurant am Platz warten wir vergeblich auf unsere Getränke und die bestellten Kartoffeln dauern gefühlt ein Lichtjahr; vermutlich waren sie bei unserer Bestellung noch nicht gepflanzt, geschweige denn geerntet. Auch unsere mangelnden Sprachkenntnisse bzw. das Fehlen englisch- oder deutschsprachigem Personals im Hinterland sorgt immer wieder für komische Situationen. Wir sprigen bei der Bestellung zwischen unseren drei Vokabeln ukrainisch, russisch oder polnisch hin und her und lassen immer wieder ein gepflegtes Denglisch einfließen. Da sind dann schon mal Sätze dabei, wie "We need noch a bißle" um der Bedienung zu signalisieren, daß wir noch ein paar Minuten brauchen mit der Bestellung. An anderer Stelle zeigen wir schon mal resigniert einfach auf irgendein Gericht in den oft riesigen Karten, weil wir uns nicht verständigen können und alle Gerichte nur in kyrillisch geschrieben sind. Zum Glück ist das Essen fast immer ausnahmslos gut und günstig sowieso.

In Kamyanets Podilski treffen wir zum ersten mal seit Lviv/Lemberg wieder einen Deutschen. Allerdings keinen Reisenden, sondern ein Handwerker auf Montage. Er bestätigt uns dann auch, daß eine Einreise in die Ukraine nicht immer so schmerzfrei wie bei uns ablaufen muss. Er sass mit Problemen bei den Papieren 2,5Tage an der Grenze fest und bestätigt auch noch einmal die Grundregel von Vitali zum Thema Rechtsprechung/Korruption im Lande. Das Entscheidende ist oft nicht schuldig oder unschuldig, sondern die Fragen Wann, wieviel?, sprich wann ist der beste Zeitpunkt um sich mit wieviel Geld freizukaufen.

In der Ukraine verliefen die zwei Reisewochen völlig unproblematisch, jetzt sind wir auf den kleinen Nachbarn Moldawien gespannt. Am Sonntag queren wir die Grenze, in Folge dessen ist kaum Verkehr. Die Abwicklung verläuft zügig, nur der letzte moldawische Beamte würde sich gerne noch einen Wochenendzuschlag in Form von 10,-Dollar abholen. Manchmal ist es dann doch ganz gut, wenn man die Landessprache nich so beherrscht und immer so tun kann, als wenn man seine Anfrage nach der kleinen Extrazahlung einfach nicht verstehen würde.

Das Vorankommen in Moldawien läuft besser als erwartet. Das Land ist gefühlt sicher ärmer als Ukraine oder der zweite Nachbar Rumänien, aber der geringe Schwerlastverkehr belastet die von der Sommerhitze oft weichen Straßen weit weniger als in den Nachbarländern. So erreichen wir ohne Probleme Drochia, eine etwas trostlose Siedlung im Nordosten des Landes. Aus Fußballgründen beziehen wir noch einmal ein Hotel. Das Finale steht an und die Spanier setzen dieses mal nur die Regel 1 um, sie gewinnen mal wieder, aber ohne Regel 2 zu befolgen. Ihr Spiel mit vier Toren ist äußerst kurzweilig.

Datum: 01.07.(Tag 28) - Tachometerstand: 273 235km - gefahrene Kilometer: 3498km - Ort: Drochia (Moldawien)