Vor 20 Jahren

Meine ersten Nächte in den USA verliefen nicht ganz so rund und offenbarten mir, dass man sich hier genauestens an die Vorschriften zu halten hat, bzw. immer seinen „Supervisor“ zu fragen hat und nichts selbst entscheiden kann. In den zwei Stateparks, in denen ich übernachtet hatte, waren auch nur ein paar Zeltmöglichkeiten offen und sämtliche Wanderwege gesperrt, wegen der ungewöhnlich starken Niederschläge dieses Winters. Im Hinterland von Los Angeles konnte ich dann meinen Toyota in einem "Storage" abstellen und mich mit gepacktem Rad auf den Weg machen. Ein genaues Ziel hatte ich nicht vor Augen, nur die Richtung war klar.

Nachdem ich endlich Los Angeles hinter mir gelassen hatte, folgte ich, bei ungewöhnlich tiefen Temperaturen, der berühmten "Pacific Coast Highway 1". Vorbei an Malibu und der Stadt Santa Barbara, wo sich riesige Anwesen der Stars aneinanderreihen! Hier war oft der Seitenstreifen durch Erdrutsche nicht zu befahren oder es gab längere Baustellen, die das radeln nicht angenehm machten. Genau vor zwanzig Jahren bin ich diesen Küstenabschnitt auch gefahren, als mich bei Lompoc ein Abschleppwagen auf dem Seitenstreifen mit 65 Meilen umfuhr und ich nur durch Wiederbelebung und eine Notoperation zu retten war.

Auf der autobahnähnlichen Straße, war es auch jetzt nicht angenehm zu radeln, starker Wind und ein immer wieder gesperrter Seitenstreifen, zwangen mich auf der Fahrbahn zu fahren. Ich stattete dem Krankenhaus von Santa Maria einen Besuch ab, in dem ich lange gelegen bin, bevor ich verlegefähig war. Nach San Luis Obispo dachte ich dann den schlimmsten Teil der Strecke überstanden zu haben und freute mich auf das Radfahren entlang der Küste auf der "1" da die größere "101" im Hinterland verlief. Aber leider wurde daraus nichts!

Nachdem ich schon an einigen geschlossenen Campingplätzen (wegen Schäden durch die Regenfälle) weitergeschickt worden bin, musste ich erfahren, dass die Küste für jeglichen Verkehr gesperrt wurde und ich auf die Innlandroute auf der "101" ausweichen muss. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Auch die Temperaturen von 8 Grad morgens und der Gegenwind der ab 11 Uhr einsetzte, waren nicht gerade schön, aber das Radeln auf der Autobahn war total besch.... , vor allem wenn der Seitenstreifen gesperrt oder nicht zu befahren war. Bei Santa Cruz, einem Ort der nur aus Surfern und Radfahrern zu bestehen scheint, gab es einen richtig schönen Campingplatz, den ich bereits um halb drei, nach etwas mehr als 140 km, ansteuerte! Bedauerlicherweise durfte ich mein Zelt noch nicht aufstellen, da auf dem günstigen "hike&bike space" erst um 16 Uhr Einlass war! Die letzte Tagesetappe bis San Francisco verlief dann endlich an der Küste entlang, ohne viel Verkehr und nur die Wolken und der kalte Wind verhinderten, dass ich irgendwo länger verweilen wollte.

Zwei Nächte blieb ich in der Stadt, schaute mir die, im Nebel versteckte, "Golden Gate Brücke" und diverse Stadtviertel an und organisierte meine Rückreise mit dem Bus. Das Rad musste ich in einen Karton verpacken, dann durfte ich es im Bus mitnehmen, der über Nacht bis nach Los Angeles durchfuhr. Dort angekommen packte ich meine Sachen um, baute das Rad wieder zusammen und radelte bei jetzt 34 Grad zu dem Storage wo mein Toyo schon auf mich wartete. Etwas über 1000 km war ich geradelt, gerne hätte ich noch etwas mehr zurückgelegt, aber durch die immer wieder gesperrten Seitenstreifen und Straßen war das Radeln nicht so angenehm und eine schlechte Erfahrung hatte ich ja hier bereits.

Mein nächstes Ziel, der Sequoia Nationalpark, hatte ich noch gut in Erinnerung von meiner Radreise 2008. Das erste Entsetzen hatte ich am Parkeingang. Nur 9 Meilen konnte man in den Park hineinfahren, da die Straße wegen der starken Regen- und Schneefälle gesperrt war. Zudem konnte ich nicht campen im Nationalpark, da die Reservierung nur online möglich ist und das auch noch zwei Tage im voraus – unglaublich! Es hätte noch Plätze gegeben, aber die Parkranger konnten diese mir nicht geben. Auch mein Verweis, dass ich online mit meinem Handy hier Probleme habe, da es ein chinesisches Produkt ist und blockiert wird, half mir nicht weiter - ich solle doch anrufen von einem Münztelefon, die es noch gibt, war die Aussage - DANKE !!!

Da ich bereits die 35 Dollar Parkgebühr bezahlt hatte wollte ich auch etwas sehen und so wanderte ich etwas im tieferen Parkteil herum. Zum Übernachten fuhr ich 20 km aus dem Park heraus und morgens wieder hinein. So ganz wollte ich mich noch nicht abfinden, dass ich nicht zu den riesigen Bäumen konnte, so führte mein erster Weg abermals in das Visitor Center. Auf die Frage hin, ob ich die gesperrte Straße auch hoch wandern kann, bekam ich eine positive Antwort. Als ich daraufhin fragte, ob ich auch das Rad nehmen könnte und ich wieder ein „ja“ als Antwort bekam, war ich schon fast besänftigt.

Mit dem Rad strampelte ich die 20 km und 1600 Höhenmeter hoch und konnte neben all den herrlich großen Sequoias und dem vielen Schnee auch noch meine ersten Bären sehen. Erst einen einzelnen Schwarzbären, der neben der Straße hertrottete, später eine Mutter mit einem Jungtier, die sich neben der Straße an einem toten Baum zu schaffen machten. Auch ein paar Hirsche konnte ich beobachten.

Da auch der angrenzenden Kingscanyon Nationalpark gesperrt war, beschloss ich einfach am Folgetag nochmal hinauf zu radeln und dann in den anderen Nationalpark zu radeln. Die Straße war bis auf ein paar Stellen von all den Erdrutschen befreit und es war herrlich darauf zu fahren. Nur ein paar Fahrzeuge sah ich den Tag über und das waren Arbeiter oder Parkranger. Ich suchte abermals den Schlafplatz außerhalb vom Park auf und morgens fuhr ich wieder hinein (was ein Unsinn, da es noch immer freie Plätze hatte).

Ich war schon 4 km bergauf gestrampelt, als mir das erste Auto entgegenkam, Parkranger, ich grüßte freundlich, aber das plötzliche Aufblitzen des Blaulichtes verhieß nichts Gutes. Es folgte eine längere Diskussion, da mir das Weiterfahren nicht erlaubt wurde, schieben wäre ok, aber nicht fahren. Auch der Verweis auf die Kollegen, die es mir erlaubt hatten, half nichts. So musste ich umdrehen und war mehr als sauer, dass mir der Tag so verdorben wurde.

Es kam hier einfach zu viel zusammen, aber ich war froh, dass ich am Tag zuvor die Möglichkeit genutzt hatte und die Baumriesen besucht hatte, darunter auch den größten Baum der Welt (vom Volumen)! Um auf die andere Seite der Sierra zu kommen, versuchte ich etwas südlich mein Glück, aber alle Straßen, die hindurch führten waren gesperrt. Schließlich musste ich bis Bakersfield hinunter und in der Ebene die Berge umfahren. Auf dem Weg nach Lone Pine war die Wüste recht grün und in der Ebene waren noch immer große Flächen überschwemmt. Aber auch der Anblick der schneebedeckten Sierra fesselten meine Blicke, während die Straße kaum eine Biegung machte. Bei Lone Pine bog ich in die Alabama Hills ab, hier wollte ich endlich etwas zur Ruhe kommen und suchte mir einen schönen Platz mit Sicht auf den schneebedeckten Mount Whitney mit seinen 4350m! Lone Pine /Kalifornien 20.05.2023 - Tag 186 der Reise Kilometer mit dem Rad: 3753 km Mit dem Auto: 13111 km