Staubige Vulkane

Managua kehrte ich schnell den Rücken. Leon, wo ich auf einem Parkplatz übernachtete, schaute ich mir genauer an. Die sanitären Einrichtungen, falls man sie wirklich so nennen will, waren sehr einfach. Ich will nicht genau darauf eingehen, aber nur so viel - die Türe war ein Stück Wellblech, das man einfach vor sich stellte, aber auch festhalten musste, damit die Windböen einen nicht ohne Sichtschutz entblößten.

Interessanter war das Museum über die Revolution, das von Zeitzeugen und Beteiligten geführt wird und wo man viel erklärt bekommt über die bewegte Geschichte, die hier startete. Etwas irritierend waren aber die Bilder, die vor dem Museum zu sehen waren. Die Partnerstadt von Leon ist Kronstadt in Russland. Die meisten Bilder waren über das Militär und auch Kinder, die in "Reihe und Glied" standen. Aber auch eine Karte von Russland, wo Teile der Ukraine natürlich auch zu Russland gehörten! Das passte nicht so ganz zu dem Museum, was für den Kampf um die Freiheit steht.

Der Vulkan "Cerro Negro" war mein nächstes Ziel. Da ich irgendwie den richtigen Abzweig nicht fand, führte mein Weg durch kleine Siedlungen. Abwasser floss auf dem sandigen Weg, der aber oft von Müll komplett bedeckt war. Schöner war es dann in Vulkannähe, als der Weg nur noch aus schwarzem Vulkansand bestand und gesäumt war mit Büschen. Den Toyota stellte ich einfach mitten in dem schwarzen Lavafeld ab, zog die Wanderschuhe an und bestieg den Vulkan. Einen schönen Ausblick bescherte mir der Gipfel auf das Umland.

Zurück beim Fahrzeug war eine Dusche mehr als nötig, der Staub konnte sich schön an mich haften durch den Schweiß. Der Vulkan ist auch beliebt, um sich, wie mit einem Schlitten, auf eine Art Brett zu setzten und hinunterzufahren. Eine sehr staubige Angelegenheit, aber die Touranbieter bieten von Anzügen über Handschuhe und Skibrillen alles für das Vergnügen. Leider hatte genau so ein Anbieter seinen Bus in meine Nähe gestellt. Bei laufendem Motor und lauter Musik wurde der Sonnenuntergang beobachtet und dann wurde das Fernlicht eingeschaltet - in meine Richtung! Zum Glück ging die Party nicht allzu lange und ich konnte mit meinen zwei kanadischen Nachbarn die Stille und den Sternenhimmel beobachten.

Auf dem sandigen Weg zu dem nächsten Vulkan durfte ich noch einen kleinen LKW bergen, der sich festgefahren hatte, bevor ich an einem Restaurant anhielt. Hier soll man einfach den Besitzer fragen, ob man auf seinem Grundstück übernachten kann - so stand es in der App. Ganz so einfach war es dann doch nicht, erst musste ich von seinem selbstgemachten Käse und den ofenfrischen Tortillas essen. Um das ganze herunterzuspülen gab es noch ein Kakaogetränk aus eigenem Anbau und eigener Milch und erst dann fuhren wir auf sein Grundstück hinaus. Hier stellte ich den Toyo ab, packte ein paar Sachen und machte mich auf zu dem aktiven Vulkan Telica. Gute zehn Kilometer hatte ich vor mir. Meist war es eine Mischung aus Sand und Staub, die mich durch bewaldete Flächen führte. Ein paar kleine Hütten waren am Wegesrand, Holzfäller waren mit Ochsengespannen dabei, das Holz zu bergen und immer wieder kamen Kühe und Pferde aus dem Gebüsch heraus. Die letzten Kilometer bis zum Krater ging es dann steiler und über scharfkantige Lavabrocken hinauf. Schwefelschwaden wehten einem aus dem Krater entgegen und aus ein paar Spalten am Kraterrand stieg Dampf herauf. Gerade rechtzeitig hatte ich es geschafft, um den Sonnenuntergang zu genießen, dann sollte das Spektakel beginnen. Bei Dunkelheit sollte es möglich sein, die Lava im Vulkantrichter glühen zu sehen. So wartete ich ab und begab mich immer wieder an die weiche Abbruchkante, die direkt in den Krater führte. Nachdem ich genug Schwefel eingeatmet hatte, musste ich einsehen, dass heute wohl keine Lava zu sehen sei und trat im Schein der Stirnlampe den Rückweg an. Über das scharfe Gestein ging es noch ganz gut, aber der staubige Weg war nicht so schön zu gehen. Da der Wind von hinten kam, lief ich immer in einer von mir aufgewirbelten Staubwolke. Der Staub reflektierte das Licht und ließ mich nicht erkennen, wie der Boden war. Zudem war es nicht gerade angenehm, wenn im Dickicht plötzlich eine Kuh oder ein Pferd, aufgeschreckt durch mich, meinte, sich bewegen zu müssen. In völliger Dunkelheit kamen mir sogar Reiter entgegen, die zu ihren Hütten unterwegs waren. Kurz vor meinem Camp kreuzte dann ein Skorpion meinen Weg, was etwas Abwechslung brachte. Völlig eingestaubt entledigte ich mich meiner Kleidung und genoss eine Dusche an meinem Fahrzeug. Keine zwei Meter neben mir war eine Schlange gerade dabei, über einen Tisch zu kriechen, vermutlich war sie auch staubig, denn sie kam schnell in meine Richtung. Nackt und mit einem Stock bewaffnet, versuchte ich sie zu verscheuchen, das klappte aber nicht und so schleuderte ich sie einfach ein paar Meter weg, bevor ich zu Ende duschen konnte.

Das nächste Ziel war das Naturreservat Miraflor, das ich auf kleinen Wegen erreichen wollte. Die Wege wurden tatsächlich irgendwann immer kleiner. In den Dörfern sah man nur noch Pferde und der Weg hatte anstatt der zwei Spuren nur noch eine Spur, wie es eben für Pferde reicht. Unter staunenden Blicken fuhr ich den, vom abfließenden Wasser, völlig zerstörten Weg entlang. Die Einwohner meinten aber, dass es bald wieder besser würde, so lang musste ich noch ein paar Äste absägen und sogar mal eine Wasserleitung hochheben, um darunter hinweg zu fahren. Die "Abkürzung" dauerte zwei Tage, führte mich durch eine wunderschöne entlegene Berglandschaft, aber ich war wirklich froh nicht die gleiche Strecke zurückzufahren zu müssen.

Bei einem kurzen Stopp auf der Finca "EL Jalacate" bewunderte ich das Lebenswerk des mittlerweile 83-jährigen Alfonso Gutierrez. In vielen Jahren Arbeit hat er unzählige Figuren in die freigelegten Felsen eingehauen, das jetzt wie ein Freilichtmuseum ist. Aber auch jetzt noch ist kein Findling vor ihm sicher, den er mit einem einfachen Stahlmeißel und einem Stein, als Hammer, bearbeitet.

Auf dem Hochplateau des Naturreservates, in dem jeden Morgen der Nebel hing, wird viel Ackerbau betrieben. Da der Boden sehr fruchtbar ist, sind bis zu vier Ernten im Jahr möglich. Der Wald war üppig grün und in der Ferne hörte man die Brüllaffen schreien. Nach einigem Regen war ich froh, wieder im Tiefland auf Asphalt in Richtung Honduras unterwegs zu sein.

Der Grenzübergang war wie immer durch LKW-Schlangen angekündigt, aber bis auf die teure temporäre Einführung vom Fahrzeug lief alles ruhig und gelassen ab. In der chaotischen Hauptstadt Tegucigalpa versuchte ich vergebens, einen Platz zu finden, wo ich im Fahrzeug übernachten kann. Irgendwann gab ich genervt auf und suchte das Weite. In den kleineren Straßen musste ich sehr vorsichtig fahren. Die Kabel, die über die Straßen baumelten, waren sehr tief und viele sogar abgerissen und hingen lose in die Fahrbahn hinein, so schlimm hatte ich es bisher noch nicht angetroffen.

Im Valley de Los Angeles, im Städtchen Cantarranas, durfte ich gratis im Freibad übernachten. Überall im Ort waren herrliche Gemälde zu bewundern, die Künstler aus Lateinamerika hier an die Häuser zaubern. Die Stadt zahlt die Farben und die Hauseigentümer müssen sich nur bereit erklären, somit wird der Tourismus angekurbelt! Durch das bergige Inland Honduras steuerte ich mein nächstes Ziel an, die Karibikküste.

Honduras - San Esteban 14.o2.2023 - Tag 91 der Reise Kilometer mit dem Rad: 2081 km Mit dem Auto: 4777 km

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