Plötzlich Herbst

Der Schweiß rinnt mir die Stirn hinunter, es ist neblig und kalt wie noch vor ein paar Tagen in Tasmanien – das ist jetzt schon wieder so weit weg. Mein Zelt ist innen mit Eis bedeckt. Ich beeile mich mit Anziehen und verschwinde gleich in die Zeltplatz-Küche, die mir etwas Schutz bietet. Es ist nicht mehr weit nach Devenport, dem Fährhafen Tasmaniens, nur noch 80 km, aber die Temperaturen um den Gefrierpunkt machen es nicht gerade zu einem Spaß, durch den Nebel zu fahren. Die Fahrt führt aus den Bergen hinab vorbei an kleinen Bauernhöfen und Flüssen.

Der Regen, der den Nebel ersetzt, beflügelt mein Tempo und ich kann mich bald bei einem Kaffee in Devonport meinen angestauten Mails widmen, während ich auf die Fähre warte. An Bord kann ich noch mit ein paar peruanischen Kinder mein Spanisch aufbessern und erzähle von meiner Südamerika-Fahrradtour – sie halten mich für verrückt.

In gewohntem Geschaukel geht es über die Nacht hinweg nach Melbourne das uns bei Sonnenaufgang mit seiner Skyline erwartet. Trotz ihrer 3.9 Millionen Einwohner ist Melbournes Innenstadt überschaubar und auch mit dem Rad gut zu erkunden.

Einer der ältesten Zoos der Welt – der „Royal Melbourne Zoo“ – mit seinen 140 Jahren gibt mir die Chance all die Tiere zu sehen, die ich in freie Wildbahn leider nicht zu Gesicht bekam. Nur das Schnabeltier will nicht so ganz und versteckt sich vor dem Publikum. Schade! Gerade dieses hatte ich auch in Tasmanien nicht gesichtet, obwohl doch so einige Verkehrsschilder zu erhöhter Vorsicht gegenüber dem eierlegenden Säugetier aufgerufen hatten.

Die Tage gehen schnell vorbei mit Stadtbesichtigungen und essen. Allerlei Dinge auf dich ich verzichten musste die letzten Tage.

Noch schnell wollte ich die berühmte „Great Ocean Road“ sehen und wählte dafür, laut Wetterbericht, einen sonnigen Tag aus. Von Melbourne aus war ich mit dem Bus einen ganzen Tag unterwegs, um all die schönen Abschnitte an der von heimkehrenden australischen Soldaten des 1 Weltkriegs errichteten Straße zu besichtigen. Leider spielte gerade bei den „Zwölf Apostel“, der wohl berühmtesten Felsformation an der Great Ocean Road, das Wetter nicht mit und der Himmel verdunkelte sich.

Nochmal gab es Koalas zu sehen die hier die Wälder kahl fressen und aus diesem Grund auch abgeschossen werden dürfen. Zurück ging es über das Landesinnere vorbei an der Stelle wo 1859 die 24 Kaninchen ausgesetzt wurden, um gejagt zu werden. Dies endete aber damit das die Kaninchen sich ausbreiteten und 500 Millionen wurden es, denen man erst 1951 mit dem Myxomatosevirus Herr wurde. Dies hielt, aufgrund einer Immunität der verbleibenden Tiere, allerdings nicht lange an.

Einen Radkarton besorgen, alles verpacken und die letzten Stunden genießen, das stand für mich nun noch auf dem Programm, bevor es an den Flughafen ging, um Abschied zu nehmen von Australien.

Über Dubai und London ging es nach Stuttgart. Sogar mit dem neuen Airbus A 380 durfte ich fliegen. Viel schlafen konnte ich nicht. Zu viele Filme standen zur Auswahl und immer wieder etwas zu essen verkürzten die 24 Stunden Flugzeit enorm. Die Bahn brachte mich bis nach Mühlacker. Damit dachte ich, es geschafft zu haben, um bei den letzten Kilometern noch etwas Licht zu haben. Aber bis ich alles zusammengebaut hatte und das erste Bier mit einem Freund neben mir getrunken hatte, war es schon dunkel.

Drei meiner engsten Freunde wussten, dass ich heim komme. Den Rest würde ich mit der vorzeitigen Heimreise überraschen. Ich überlegte gerade, wie ich es anstellen könnte, meine Eltern in ein paar Minuten zu überraschen, als wir durch einen geschickt vorbereiteten Plan unsere Strecke verlegten und am Tiefer See in Maulbronn vorbei fuhren.

Erst nahm ich die Jubelschreie gar nicht wahr, doch dann wurde mir schnell bewusst, dass da einer nicht dicht gehalten hatte und eine Überraschungsfete organisiert hatte.

So wurde also ich überrascht und nicht anders herum.

Das Auto war schnell angemeldet. Nach 8000 km Rad fahren macht es doppelt so viel Spaß, motorisiert unterwegs zu sein . Etwas aufpassen muss ich noch, da ich schon zwei Mal aus Versehen auf die linke Fahrspur gewechselt habe. Bei meinem ersten Dauerlauf im Wald hatte ich eine Stunde Zeit, über die letzten Monate nachzudenken und erinnerte mich an all die vielen schönen Erlebnisse. Neuseeland hatte ich mir ja noch vorgenommen zu bereisen aber schnell habe ich unterwegs gemerkt, dass ich nach Australien und der langen Zeit alleine unterwegs nach Hause will. Ein anderes Mal werde ich das spannende Land mit Fjorden und Bergen unter die Räder nehmen.

Datum: 12.10.(Tag 148) - Tachometerstand Juwi: 8014 km Ort: Maulbronn/Deutschland

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