Paradies mit Tücken

Unser teurer Camping ist wirklich ein Glücksfall. Heißes Wasser, ein wunderschöner Platz am See, Kajaks zum gratis ausleihen, Pferde für Ellie und sogar Internet im anbei gelegenen Hotel. Camperherz was willst Du mehr?? Doch der "abgeklärte Traveller" weiß, den perfekten Platz gibt es nicht. Irgendwo existiert immer ein Makel. So ist meine Kajaktour schon nach 1 min beendet, weil das Boot ein kapitales Loch hat. Mit nassem Hinterm rette ich mich gerade noch ans Ufer. Kann ich diesen Umstand gerade noch verschmerzen, so sind die Pferdebremsen eine absolute Landplage. Sobald man sich dem Strand nähert gehen die fiesen Insekten in Angriff über. An gemeinsames Baden im überraschend warmen Bergsee ist kaum zu denken. Während Ellie im Sand spielt, besteht meine Aufgabe darin ständig die penetranten Plagegeister abzuwehren. Wenigstens lassen die Viecher einem am Abend und an der Feuerstelle in Ruhe, sodass wir lecker Stockbrot machen können. Dummerweise renne ich in der Dunkelheit volle Kanne mit dem Kopf gegen das Vordach und nur meine Mütze rettet mich davor, dass ich nicht umgehend k.o. gehe. Nun gut, diesen Unfall möchte ich nicht dem Zeltplatz in Rechnung stellen, da war zum guten Teil auch eigenes Versagen im Spiel.

Zurück auf der Carretera Austral fahren wir fast am nächsten Höhepunkt vorbei, denn der Wanderweg zum Gletscher ist absolut schlecht bzw. überhaupt nicht ausgeschildert. Ich weiß nicht, wie der Zeltplatz- und "Wegebesitzer" zu seinen Gästen kommt, aber den Wenigen knöpft er dann tapfer Geld ab. In den Wanderweg wird das Geld nicht investiert. Der ist zwar superschön, aber auch beschwerlich; wir hätten eine Machete dabei haben sollen. An vielen Stellen hängen die Äste so tief, dass wir fast auf allen vieren krabbeln müssen. Bei der Weiterfahrt nehmen wir einen der wenigen Wanderer, die wir auf dem Weg getroffen haben, mit nach La Junta. Er ist einer von vielen Rucksackreisenden, die oft stundenlang an der Ruta 7 auf Transport warten. In La Junta stellen wir uns wild an eine Brücke und treffen dabei zwei deutsche VW-Fahrer. Da sich der Verkehr in Patagonien praktisch auf wenige Route (und vor allem auf die Ruta 7) konzentriert, kommt es immer wieder zum Treffen mit den gleichen Reisenden. Mit Team Fulda teilen wir insgesamt 3x den Nachtplatz und auch die Schweizer Daniel und Joel treffen wir nach Puerto Montt schon wieder. Dieses mal kurz hinter Puyuhuapi in einer der unangenehmen Baustellen. Wir erkennen sie zuerst gar nicht, denn sie sind mittlerweile mit einem neuen (Miet-)Fahrzeug unterwegs. Vor diesem Treffen verbringen wir aber noch eine Nacht im Nationalpark Queulat, der uns mit seinen Gletschern und den wilden Gebirgsbächen sehr gut gefällt.

Kurz vor Puerto Cisne sind die lästigen Baustellen (die am Nachmittag oft komplett gesperrt sind) dann zu Ende und wir rollen auf Asphalt Richtung Coyhaique. Insgesamt sind viele Kilometer der nördlichen Carretera Austral mittlerweile befestigt. Für manche Endurofahrer verliert die Strecke dadurch ihren Charme, wir sind nicht unglücklich über diesen Umstand, sind die Schotterpassagen auf Dauer doch recht anstrengend zu fahren. Am schönen Rio Simpson finden wir einen schnuckeligen Zeltplatz und eine nette Berliner Familie, die mutigerweise mit dem Fahrrad auf der Carretera unterwegs ist. Ellie ist natürlich begeistert über die neuen Spielkameraden. Vom Zeltplatz ist es nur noch ein Katzensprung nach Coyhaique. Hier sollten wir auf jeden Fall Stopp machen, denn mit etwa 40-50.000Einwohner ist der Ort die absolute Metropole in weitem Umkreis. Wir müssen unsere Vorräte aufstocken, ehe es in den einsamen Süden geht. Sicherheitshalber entscheiden wir uns auch für einen Besuch bei Mercedes. Das Lager der Wasserpumpe macht sich wieder bemerkbar und es ist wohl an der Zeit die Pumpe auszutauschen. Langsam aber sicher merken wir, dass wir doch schon eine Weile unterwegs sind, der Verschleiß nimmt zu. Aber nicht nur beim Fahrzeug, sondern auch bei anderen Technikteilen. Mein Laptop warnt mich meinen Akku auszutauschen, bei Isabel streikt das CD-Laufwerk. Der Spannungswandler zerschießt uns dreimal die Sicherung und liegt zur Strafe jetzt auf dem Müll und mein bester und schnellster USB-Stick (gekauft 2009 an der türkisch-iranischen Grenze in Dogubayazit) verschwindet auf ungeklärte Weise in Coyhaique. Besonders tragisch, das Oli Kahn Titan - Schlüsselband von Burger King, das uns schon 2005 durch Westafrika und danach auf jeder Reise begleitet hat, bricht auseinander. Alles in allem gesehen, eigentlich der normale Schwund, den man zuhause auch hat, aber auf der Reise, wo Ersatz manchmal schwierig zu bekommen ist, schmerzt der Verlust der treuen Begleiter doch etwas.

PS/Eilmeldung: der Bericht ist schon fast im Netz, da taucht wie durch ein Wunder mein Stick wieder auf; yippieh! Weniger yippieh, unser Routinebesuch bei Mercedes bringt ans Licht, dass nicht das Lager der Wasserpumpe defekt ist, sondern der Viscolüfter Probleme macht. Das Oberproblem, dieses Ersatzteil hat Mercedes in ganz Chile nicht auf Lager für unser Modell!! Jetzt wird es spannend, Daumen drücken, dass den Jungs eine Lösung einfällt.

Datum: 05.02.2015(Tag 267) - Tachometerstand: 253 763km - gefahrene Kilometer: 22723km / davon Europa 610km / Südamerika 22113km - Ort: Coyhaique (Chile)

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