Der wilde Osten

Unsere letzte Station in Polen heisst Zamosc, dessen schoene Altstadt auch unter dem Schutz der UNESCO steht. Fuer uns als alte Welterbe-Maulbronner ist ein Besuch natuerlich Pflicht. Noch einmal frischen wir unsere Vorraete auf, dann soll es ueber die Grenze in die Ukraine gehen. Der Grenzuebertritt laeuft relativ problemlos, gluecklicherweise spricht eine ukrainische Beamtin deutsch. Mehr Probleme machen uns zwei unangenehme Herren 300m hinter dem Schlagbaum. Kaum biegen wir um die erste Kurve stehen schon zwei feiste Polizisten in Position, das riecht nach Abzocke. Tatsaechlich halten sie uns an und kontrollieren die Papiere. Nach langem Hin und Her und verzweifeltem Schulterzucken unsererseits (manchmal schon ganz nuetzlich wenn man kaum russisch kann) duerfen wir ungeschoren weiterfahren.

Grosse Teile der Landschaft Polens und der UKraine sind von Landwirtschaft gepraegt. Haufenweise Sonnenblumen- und Weizenfelder und dazwischen immer wieder Stoerche und kleine Doerfer. Klingt idyllisch, ist es auch, zumindest abseits der Strasse. Dort weht z.T. ein anderer Wind. Wir muessen uns gut anschnallen ob der wilden Fahrweise der Einheimischen und teilweise schlechten Strassen. Mit Ueberraschungen muss auch immer gerechnet werden. In Polen haben wir ein Fahrrad auf der Autobahnueberholspur, in der Ukraine kommt uns ein Geisterfahrer mit einer solchen Selbstverstaendlichkeit entgegen, dass ich schon meine, ich waere in der falschen Richtung unterwegs. Aber zum Glueck gibt es ja die Polizei, Dein Freund und Helfer. Man koennte meinen das komplette Aufgebot aller Einheiten ist am Strassenrand versammelt. Radarpistolen sind der absolute Renner hier, eine Geschwindigkeitskontrolle jagt die naechste. Zum Glueck werden wir von den einheimischen Fahrer immer schon zeitig gewarnt. Nicht dass wir sehr schnell fahren, aber bei der unuebersichtlichen Beschilderung versteht kein Mensch was gerade erlaubt ist.

Und dann haette es fast gerummst!! Wieder muehen wir uns bei miserabler Beschilderung durch eine ukrainische Grossstadt und der klapprige Lada vor mir bleibt einfach stehen. Ich trete voll ins Eisen und komme mit einem Bremshaken gerade noch am Heck vorbei und bleibe mitten in der Kreuzung stehen. Was haelt der Vollidiot einfach so ploetzlich?? Ah okay, mein Fehler, da war ja auch noch eine Ampel. Abendlicht und ukrainische Ampeln mit 1-Watt-Birnlein, dem sind wir nicht immer gewachsen. Hatte gedacht, die Ampel ist abgeschaltet. So muehen wir uns, auch mit Hilfe der Einheimischen, durch die Millionenstadt Kiew und den Osten der Ukraine. In Gedanken sind wir dann mal wieder auf Nachtplatzsuche als uns ein Fahrzeug von hinten anblinkt!! Was soll das, Kontrolle, Kaufinteressenten fuer die Fahrzeuge, Automafia, Banditen?? Nein, es ist ein Fahrzeug mit Pforzheimer Kennzeichen. Grandios, damit haben wir tief im Osten nicht mehr gerechnet. Bernd der Geschaeftsmann aus Koenigsbach-Stein ist beruflich in der UKraine unterwegs und verwickelt uns in ein nettes Gespraech. Schoen, so fern der Heimat Landsleute zu treffen.

Dann ist die Ukraine auch schon Geschichte fuer uns, es geht nach Russland. Wir suchen uns extra einen kleinen Grenzuebergang, weil wir hoffen, die Wartezeiten seien kuerzer und die Kontrollen und moegliche Schmiergeldforderungen nicht so penetrant. Unsere Hoffnungen gehen teilweise auch auf. Dem Druck der Ukrainer k?nnen wir standhalten, die russischen Beamten machen uns mit ewig dauerendem Papierkram in der heissen Sonne muerbe. Ein paar Euros leichter kommen wir Stunden spaeter auf der russischen Seite an. Jetzt heisst es Kilometer machen. Nur fuer knapp fuenf Tage haben wir Visum und 2000km durch ein unbekanntes Land warten. Bei Saratov erreichen wir die riesige Wolga, die sich vor uns wie ein Meer auftut. Kurz vor Samara werden wir zum wiederholten male von der Polizei kontrolliert, dann wird es aber richtig spannend. Unsere Karte ist am Ende, jetzt betreten wir den wilden Osten. Ab Samara fahren wir nach einer Karte im Massstab 1:10Mio, da koennten wir genausogut nach einer Weltkarte fahren. Auch die Staedtenamen sind in der Karte nicht mehr in kyrillisch aufgelistet. Na prima, es warten noch etwa 1000km durch Russland und zwei Millionenstaedte (Ufa und Tscheljabinsk) warten auf unserem Weg. Zudem haben wir die M5 erreicht, die Moskau mit Sibirien verbindet. Hier ist viel Verkehr und scheinbar haben die meisten Fahrer bei teilweise hoppeligen Strassen auch ihr Gehirn verloren. Hier scheint alles erlaubt zu sein. Da wird schon mal bei Gegenverkehr ueberholt und die gegnerischen Fahrzeuge in den Strassengraben getrieben. So manchen Abend steigen wir entnervt und durchgeschitzt aus den Autos. Langsam aber sicher gewoehnen wir uns auch an dieses Abenteuer und passen uns im Fahrstil und auch in der Kleidung den russischen Fahrern an. Da alle Klamotten dreckig oder verschwitzt sind, bindet Juwi eine Waschtrommel aufs Autodach, die wir mit Waesche, Waschpulver und Wasser fuellen. Bei der wackligen Reise und der grossen Hitze wird das Ganze gut geschleudert. Unsere Outfits mit den Restklamotten sind nun eben etwas unkonventionell. Jetzt koennen die letzten Etappen bis Kasachstan kommen!!

Datum: 14.07.(Tag 16) - Tachometerstand: 230 603km - gefahrene Kilometer: 4703km / davon Europa 4703km / Asien 0km - Ort: Miass(Russland)

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