Klack-klack-klack...Gleichförmig wie ein Metronom gibt der Tacho des Krötle Geräusche von sich. Heute steht die Königsetappe unserer gesamten Reise auf dem Programm. Laut Michelin-Karte 657km asphaltierte Strasse von Tamanrasset bis Ain-Salah. Das Asphalt aber eben nicht immer Asphalt nach unserem Verständnis bedeutet, müssen wir schnell registrieren. Am Abend vorher sind wir wieder zum Touareg-Tee eingeladen worden, der immer in drei Runden ausgeschenkt und dessen Zubereitung jedesmal feierlich zelebriert wird. Als wir anschließend auch noch zum Essen eingeladen werden kommt es zu einem historischen und überaus amüsanten Moment. Proland möchte trotz seinem Vegetarier-Dasein nicht zurückstehen und die Gefühle unserer Gastgeber verletzen. Er springt über seinen Schatten und schiebt zum ersten mal nach über 13 (in Worten dreizehn!!) Jahren wieder, das ihm angebotene, Fleisch in den Mund. Ironie des Schicksals, härter hätte es Proland kaum treffen können. Der unförmige Bollen Fleisch besteht fast nur aus Fett, stammt aus dem Höcker des Kamels und ist selbst für europäische Fleischessermägen kaum geniessbar. Das Vegetarierdasein hätte kaum drastischer beendet werden können. Eine fulminante Rückkehr in die Carnivoren-Szene; Chapeau Proland!!
Doch zurück auf die Strasse. Die Tachonadel springt klackend zwischen 60 und 100km/h hin- und her. Die Wahrheit über die Geschwindigkeit liegt irgendwo dazwischen, eine exakte Anzeige gibt es seit Tamanrasset nicht mehr. Auch der Tacho ist eines von vielen Opfern, das sich nahtlos in unsere ellenlange Verlust-Liste einreiht (demnächst folgt die gesamte Auflistung).
Wir passieren eine der vielen Kontrollen. Ein Militärposten "sichert" das durch Atombombentests?? verseuchte Gebiet. Dann, klack-klack-klack, wir, langsam dem Wahnsinn nahe, trauen unseren Augen nicht, Tropfen auf der Windschutzscheibe!!!! Seit 82 Tagen sehen wir zum ersten mal wieder Regen, das letzte mal hatten wir am 22.11. in Agadir (Marokko) das Vergnügen. Ausgerechnet hier, im Herzen der Sahara nahe Ain-Salah, hatten wir nicht damit gerechnet unser Regen-Comeback zu feiern. Reicht am Anfang noch locker die Intervallschaltung aus, müssen wir bald auf Dauerwischer schalten. Mit dem Wetter wird auch die Strasse immer miserabler. Der teilweise atemberaubenden Landschaft schenken wir kaum noch Beachtung. Der Asphalt ist nur noch ein Flickenteppich, in den Schlaglöchern können sich kleine Kinder verlaufen, wir befinden uns mehr neben als auf der "Strasse". Die Schlaglöcher füllen sich mit Wasser und werden noch unberechenbarer. Kilometerlange Baustellen zwingen uns immer wieder ins Gelände, das durch den Regen an manchen Stellen spiegelglatt geworden ist. Juwi kommt ins Schleudern und rumst gegen einen Sandhaufen. Völlig erschöpft erreichen wir bei Einbruch der Dunkelheit Ain-Salah, wo wir bei der Verwandtschaft unseres Führers einen angenehmen Nachtplatz finden. Nach drei Runden Touareg-Tee geht es in die Heia.
Früh am nächsten Tag sind wir wieder auf der Strasse, die jetzt auch dieses Attribut verdient. Vor El Menia (El Golea) wird die Landschaft immer schöner. Höhepunkt ist die Abfahrt von der Hochebene in die im Tal gelegene, von Sanddünen eingerahmte Oase. Bis zu 200 000 Palmen stehen hier in riesigen Hainen. Über den Ort wacht auf einem kegelförmigen Hügel eine mächtige Ksar (=Festung). Drei Campingplätze soll es laut Reiseführer in dem Ort geben. Davon ist wenig geblieben. Zwei sind geschlossen, beim dritten hebeln wir mit Gewalt das Tor auf um dann eine bessere Mülldeponie vorzufinden. Der Camping ist tatsächlich noch in "Betrieb", gegen Abend taucht dann auch der Pächter von der Feldarbeit auf, aber die sanitären Anlagen verraten uns, dass sich hierher bestenfalls im Monatsrhytmus Gäste verirren. Abgesehen von Tamanrasset, das direkt von Europa mit dem Flieger angesteuert werden kann, leiden fast alle anderen Reiseziele in Algerien und dem Niger unter ausbleibenden Touristen. Wir haben heute, nach ca. acht Tagen, das erste mal wieder ein Fahrzeug mit europäischem Kennzeichen angetroffen.
Die angehängte Audiodatei verdanken wir freundlicherweise unserem Algerien-Führer Lahbib, der eingerahmt von Juwi und Rolf auf dem angehängten Bild zu sehen ist.
Datum: 13.02.(Tag 129) - Tachometerstand: 63 747km - gefahrene Kilometer: 16 715km (davon 13 114km in Afrika) - Ort: El Menia (Algerien)