Conakry-Santos-(Paranagua)-Zarate-Montevideo

Die westafrikanischen Fischer haben mich schwer beeindruckt mit ihrem harten Leben auf See, aber auch unsere Besatzung muss ihren Mann stehen. Wir dürfen den Maschinenraum besuchen und erfahren was es für ein Knochenjob ist hier unten bei großer Hitze und Luftfeuchtigkeit die Maschinen in Schuss zu halten. Unsere Maschinisten sind interessanterweise vornehmlich Bulgaren, während die Offiziere fast ausschließlich aus Italien kommen. Die Crew wiederum besteht zu 100% aus Philippinos, so auch unser freundlicher Steward mit dem etwas ungewohnten Vornamen Rommel. Von ihm erfahre ich, daß manche Crewmitglieder bis zu 9 lange Monate am Stück auf See bleiben müssen. Auf der Grande Nigeria fährt er gerne mit,ist er so doch auf der piratensicheren Südamerika-Route unterwegs. Vor Somalia hatte er schon einmal Piratenkontakt erleben müssen, der zum Glück aber glimpflich abgelaufen ist. Auch ohne Feindkontakt ist die Mannschaft immer wieder gefordert und ich zolle ihnen vollsten Respekt, wenn ich sehe, wie die Jungs bei rauher See und starkem Wind ohne Sicherung die kaputte Reling schweißen (vor Hamburg hat das Schiff in bewegter See Container verloren, eventuell wurde bei dieser Aktion auch die vordere Reling zerstört?!).

Während der Atlantikquerung machen wir eine Rettungsübung nach Feueralarm. Alle Personen haben sich mit Rettungsweste an der Muster Station auf dem Oberdeck einzufinden. Schläuche werden ausgerollt, Gasmasken und Feuerlöscher ausgepackt und sogar das Rettungsboot wird teilweise zu Wasser gelassen. Kein schöner Gedanke mit dem Mini-Boot das Schiff verlassen zu müssen. 46 Personen sollen in ein Rettungsboot passen, was ich mir kaum vorstellen kann. Für die "stressige" Übung werden wir dann 2x mit einer Grillaktion auf dem Deck belohnt. Abhängig vom Kapitän ist es wohl üblich, daß die komplette Mannschaft (Offiziere, Besatzung und Passagiere) einmal gemeinsam auf Deck zu Abend isst. Sonst sind die Speiseräume für die Offiziere und die Crew getrennt.

Schon einen Tag bevor wir die brasilianische Küste sehen kündigen Basstölpel das nahende Festland an und interessieren sich für die zahlreichen Fliegenden Fische, die durch unser Schiff immer wieder aufgeschreckt werden. Nahe Rio ist dann das Meer voller Bohrinseln und auf einmal sehen wir auch wieder zahlreiche andere Schiffe. Nach sieben Tagen auf See, fahren wir frühmorgens in den Hafen von Santos ein, welch sehenswertes Schauspiel. Die Stadt liegt sehr schön zwischen Meer und bewaldeten Küstenbergen und der Hafen hat mächtige Ausmaße. 50% der brasilianischen Exporte sollen über Santos das Land verlassen. Wenn man die riesigen Ladekräne und zahlreichen Schiffe sieht will man die Zahlen des Reiseführers gerne glauben. Zum nächsten Hafen ist es dann nur ein Katzensprung, nur einen halben Tag sind wir bis Paranagua unterwegs. Die Anfahrt gestaltet sich allerdings deutlich einfacher als die Einfahrt in den Hafen. Gut 30 Schiffe warten neben uns auf dem Meer um einen Platz im Hafenbecken zu ergattern. Die Wartezeit liegt aktuell wohl bei etwa drei Tagen. Nach 7h kommt von der Reederei die Anweisung weiterzufahren, vermutlich kann die Ladung auch von einem Partnerschiff der Grande Nigeria oder auf dem Rückweg übernommen werden. Das erhoffte Bier bei Landgang in Paranagua hat sich also vorerst zerschlagen.

Knapp drei Tage später verlassen wir das offene Meer und fahren in Sichtweite von Buenos Aires den Rio Parana flussaufwärts. Zarate (Argentinien) ist ein Flusshafen und der Parana an der Stelle gerade breit genug, daß wir unser 214m langes Schiff wenden ohne auf Grund zu laufen. Hier werden vor allem Fahrzeuge be- und entladen, dann nimmt das Schiff durch die braunen Fluten des Flusses Kurs auf Montevideo, wirklich eine interessante Fahrt durch die sumpfigen Wälder. Neben vielen Reihern und Papageien begegnen wir dabei sogar einem Hirsch, der beim Versuch den Fluss zu durchschwimmen fast von unserem Schiff überfahren wird. Bei grandioser Sonnenuntergangsstimmung steuern wir dann vom Rio Parana in den Rio de la Plata. Fast noch stimmungsvoller ist der Sonnenaufgang ca. 12h später über Montevideo. Der Himmel glüht und kündigt schlechtes Wetter an, doch das ist mir reichlich egal. Nach exakt 26 Tagen an Bord, rolle ich nach lähmender Warterei im Hafen am frühen Mittag mit meinem Fahrzeug auf das südamerikanische Festland. Der uruguayanische Zollbeamte/Hafenagent ist sehr freundlich und wünscht sich ein WM-Finale Deutschland-Uruguay. Kaum fünf Minuten dauert die Erledigung der Formalitäten, dann fahre ich ohne jegliche Fahrzeugkontrolle vom Hof und ich biege ein in den hektischen feierbandverkehr der Millionenstadt. Brasilien ich komme!

Datum: 11.06.2014(Tag 28) - Tachometerstand: 231 651km - gefahrene Kilometer: 611km / davon Europa 610km / Südamerika 1km - Ort: Montevideo (Uruguay)