Ab in den Süden

Fritz und seine Mannen werkeln im Akkord. Dennoch verlassen wir Valdivia mit einem Handikap. Nicht alle benötigten Ersatzteile sind rechtzeitig lieferbar und gleichzeitig rückt der Abfahrtstermin unserer vorab gebuchten Fähre näher. Wir entscheiden uns für die Fähre und hoffen, dass es reicht unsere Probleme mit dem Fahrzeug, im März, wenn wir wieder in Valdivia vorbeischauen wollen, lösen zu können. Hoffen wir, dass das Fahrzeug besser hält als meine neuen, sündhaft teuren Schlappen. Etwas mehr als einen Euro habe ich investiert und jetzt rächt sich, was der Preis verspricht. Nur vom Anschauen scheinen sich die FlipFlops schon durchzulatschen. Nun gut, da wir langsam in den kalten Süden fahren ist die Schlappenzeit sowieso bald Geschichte.

Wir verlassen Fritz ud Familie und düsen auf der Ruta 5 Richtung Puerto Montt, der Schlumpf schnurrt wie in besten Zeiten. Südlich von Purto Montt finden wir einen Zeltplatz am Wasser und treffen dort einen Schweizer wieder, den wir schon vom Campingplatz in Cuzco/Peru kennen. Er und sein Bruder sind ebenfalls auf dem Weg nach Süden, allerdings wurden und werden sie von noch ganz anderen Fahrzeugproblemen als wir geplagt. Mal sehen, wer zuerst in Punta Arenas ankommt. Auf Puerto Montt folgt die Insel Chiloe. Mit einer der vielen Fähren setzen wir über auf die Insel, die sich gern etwas abhebt vom restlichen Chile. Hier ticken die Uhren und die Menschen etwas anders auf dem Festland. Chiloe gefällt uns gut, wobei der Besuch einer der zahlreichen UNESCO-Weltkulturerbekirchen etwas enttäuschend ausfällt. Dalcahue ist ein netter Ort, aber die lokale Kirche wird gerade renoviert und ist wenig ansehnlich. Da steht die schöne gelbe Holzkirche in Castro schon anders da. Auch die Uferzeile mit seinen schönen Palafitos (Pfahlbauten) hat durchaus Charme. Viel Zeit bleibt uns aber nicht für Castro, denn früh am folgenden Tag geht unsere Fähre von Castro nach Chaiten. Die sollten wir nicht verpassen, denn die nächste Fähre geht erst wieder in einer Woche und ist mittlerweile auch schon ausgebucht.

Das Wetter ist heute trüb und kühl, deshalb verbringen wir die meiste Zeit im Schiffsinneren. Zur Unterhaltung laufen auf allen Fernsehern Actionfilme, obwohl sich etliche Kleinkinder vor den Glotzen tummeln. Außer uns scheint das aber niemand zu stören. Kurz vor Chaiten wird das Wetter angenehm und sonnig, was so nicht unbedingt zu erwarten war. Knapp 4000mm Jahresniederschlag kann der kleine Ort bieten. Zum Vergleich Stuttgart kommt im Schnitt gerade mal auf 700mm Regen im Jahr, was einem manchmal noch als zu feucht erscheint. Chaiten selbst hat eine bewegte Geschichte hinter sich. 2008 bebte vier Tage die Erde und der ganze Ort wurde evakuiert. Gerade rechtzeitig bevor der gleichnamige Vulkan ausbrach und mit einem Lahar (Schuttstrom) große Teile des Ortes zerstörte. Die Behörden wollten den Ort sterben lassen und die ehemaligen Bewohner zwangsumsiedeln, doch viele von ihnen kamen auf eigene Faust zurück. Nach einigen Jahren wurde die Entscheidung revidiert und heute füllt sich der Flecken wieder mit Leben. Für uns bietet sich so ein kurioses Bild, neben schönen neuen oder renovierten Gebäude stehen verlassene Ruinen und im Hintergrund raucht friedlich der Vulkan.

In Chaiten biegen wir auf die Ruta 7, besser bekannt als Carretera Austral, ein. Erst im Jahre 1976 wurde begonnen, den einsamen Landstrich südlich von Purto Montt mit einer "Straße" zu erschließen, die 1982 in Teilen fertiggestellt wurde. Vorher waren die wenigen Ortschaften an der Ruta 7 nur per Schiff oder aus der Luft zu erreichen. Auch heute wird noch gebaut, eines Tages soll die Verbindung bis hinunter nach Punta Arenas komplett sein, ein Wahnsinnsunterfangen. Erste Station für uns an der Strecke sind die heißen Quellen von Amarillo. Danach schauen wir frischgewärmt im berühmten Parque Pumalin vorbei. Der amerikanische Milliardär Douglas Thompkins hat hier auf eigene Faust riesige Waldflächen (zum Schutz vor der Abholzung) zusammengekauft und als Schutzgebiet ausgewiesen. Den Chilenen hat die Vorgehensweise ("der feindlichen Landübernahme durch einen Ausländer") nicht gefallen, aber mittlerweile ist man stolz auf das weltgrößte private Naturschutzprojekt dieser Art. Auch wir irren fast zwei Stunden durch den großartigen Urwald, dann wollen wir am Abend noch zum Lago Yelcho. Bei Puerto Cardenas ist die schöne Asphaltstraße schon zu Ende, jetzt wartet kilometerlange Schotterpiste. Davon fahren wir heute aber nur knapp zehn Kilometer, denn dann wartet ein schöner Zeltplatz. Den suchen wir dieses mal nicht nach dem Preis aus, den der ist gesalzen, sondern nach dem Kriterium, ob man hier auch reiten kann. Ellie macht Druck für drei (die nächste Reittour muss her) und so bleibt uns nichts anderes übrig als dort zu übernachten. Wir machen aber, trotz des Preises schnell unseren Frieden mit dem Platz, denn die Lage am See ist wirklich sehr schön und der Platz kann noch mit einem anderem Kracher aufwarten. Wir haben heißes Wasser zum Spülen!! Wenn ich mich recht erinnern kann, hatten wir das auf der ganzen Reise bisher noch kein einziges mal. Da gehe sogar ich heute gerne meinen Spülpflichten nach.

Datum: 28.01.2015(Tag 259) - Tachometerstand: 253 346km - gefahrene Kilometer: 22306km / davon Europa 610km / Südamerika 21696km - Ort: Lago Yelcho (Chile)

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