Von Louisiana aus geht’s zunächst mal wieder Richtung Norden, zurück nach Mississippi, doch auch hier können wir dem Regen so schnell nicht entkommen … Wir machen uns auf den Weg nach Natchez, was sich als absolutes Juwel entpuppt! Nach dem Eintreffen am späten Nachmittag mache ich mich trotz Regen zu einer kleinen Vorerkundung auf. Die regennassen Straßen sind wie leergefegt, der lustlos dahinströmende Mississippi trägt heute schlammbraun und nur zwei einsame Schubverbände begegnen sich grußlos in Höhe der Stadt. Natchez hat es ob der trüben Witterung schwer seinen Charme zu versprühen. Und es gibt hier doch einiges zu sehen.
Bevor Natchez 1716 von französischen Siedlern gegründet wurde lebten hier die Natchez Indianer, deren Schicksal natürlich schon mit dem Eintreffen der ersten Spanier gegen Mitte des 16ten Jahrhunderts besiegelt war. Später ging es dann an Spanien bevor es britisch und zu guter Letzt amerikanisch wurde. Von ca. 1800 bis zum Ende des Bürgerkriegs war Natchez außerdem nach New Orleans der zweitgößte Umschlagplatz für den inneramerikanischen Sklavenhandel. Gedenk- und Infotafeln am ehemaligen Sklavenmarkt „Forks of the Road“ erinnern an dieses unrühmliche Kapitel.
Da Natchez sich nach dem Fall von Vicksburg den herannahenden Unionstruppen unter General Grant glücklicherweise ergeben hatte, mußte es im Bürgerkrieg fast keine Zerstörungen erleiden, weshalb hier einiges erhalten ist. Jahreszeitlich bedingt oder aufgrund Wasserschäden (wen wundert's …) sind einige der schönen antebellum Häuser zwar noch geschlossen, doch kann ich mit „Rosalie“ und „Melrose“ zwei absolute highlights besichtigen. Rosalie diente während der Besetzung im Bürgerkrieg zunächst dem Kommandeur der Unionstruppen, General Gresham, als Hauptquartier. Seiner schützenden Hand und umsichtigen Führung hat Natchez es zu verdanken, daß es zu keinen Zerstörungen oder Plünderungen kam. Das etwas jüngere Melrose wurde von einem der damals reichsten Männer der USA (der Reichste war sein Nachbar!) als „Party-Location“ erbaut, der nach dem Bürgerkrieg freilich keinen Cent mehr hatte, da die Südstaatenwährung ja nix mehr wert war. Richtige Plantagenhäuser gibt es in Natchez allerdings nicht, da hier nie Baumwolle angepflanzt wurde. Das „weiße Gold“, mit dem sich die hiesigen Geschäftsleute einige Zeit lang dumm und dämlich verdient haben, wurde nämlich auf der anderen Flussseite, in Louisiana angebaut. In Natchez wurde lediglich aufgekauft, weiterverarbeitet und Richtung Europa abtransportiert.